Bunte Magazin

Daniel Brühl:

Seine Frau kennt ihn zu gut

- Interview: Georg Seitz

Von den Schauspiel­ern seiner Generation hat es keiner weiter gebracht als Daniel Brühl, 41. Im Jahr 2002 war er einer der ersten Preisträge­r des BUNTE New Faces Awards Film, „Good Bye, Lenin!“(2003) machte ihn auch internatio­nal bekannt. Heute spielt er für Disney bei den „Avengers“, für Netflix in der Serie „The Alienist“und auch für sich selbst: Er ist CoProduzen­t und Star des Thrillers „My Zoe“, in dem eine Mutter (Julie Delpy, auch Buch und Regie) ihre fünfjährig­e Tochter durch einen Unfall verliert. Sie beschließt, ihr Kind neu erschaffen zu lassen. Ein emotionale­r Stoff für Brühl, er ist Vater eines dreijährig­en Sohnes.

Können Sie sich vorstellen, Ihren Sohn klonen zu lassen? Ich kann mir nichts Schlimmere­s vorstellen, als das eigene Kind zu verlieren, aber trotzdem wäre die natürliche Reaktion: Ganz klar, nein!

Was spricht dagegen? Da geht es ja um moralische Werte, von denen wir geprägt sind. Das geht in den philosophi­schen Bereich. Ich fand aber das Gedankensp­iel von Julie in ihrem Film spannend. Wer weiß, in welche Richtung sich die Menschheit entwickelt? Es geht ja jetzt schon los mit Tieren.

Im Grunde handelt der Film von Verlustang­st. Die kennen Sie? Ja, und die wird auch nicht weniger. Mit jedem Schritt, mit dem man nach und nach sein Kind in die weite Welt stößt und loslassen muss, wird die Angst auch größer.

Die Angst wovor genau? Das fängt mit der Kita an. Man fragt sich: „Wird er sich mit den anderen Kindern verstehen, mit denen er jeden Tag ein paar Stunden verbringt?“Plötzlich hat man nicht mehr diese Kontrolle. Irgendwann wird er allein über die Straße gehen, allein in die Schule gehen.

Wie ist es ansonsten, Vater zu sein? Toll und gleichzeit­ig anstrengen­d, aber in der Hauptsache großartig. Es krempelt das Leben komplett um. Und für einen Schauspiel­er, der vorher das Zentrum war, um das alles kreiste, bedeutet das: Da ist plötzlich einer, der tausendmal wichtiger ist als man selbst.

Ist das so? Ja, man nimmt sich selbst und seine Karrierege­danken nicht mehr so ernst und wichtig, weil sie auch nicht so wichtig sind. Sie drehen oft im Ausland, kriegen Sie viel mit von Ihrem Sohn? Die Organisati­on wird immer wichtiger und das ging nur gut, weil meine Frau sehr flexibel war und mir viel abgenommen hat. Aber meine Frau arbeitet jetzt wieder fest und bald wird das mit der Schule losgehen: Da wird man sich genauer fragen, ob man wirklich dreimal im Jahr im Ausland drehen will.

Ihre Frau ist Psychologi­n. Haben Sie das Gefühl, sie kennt Sie besser als Sie selbst? Sie kennt mich schon gut und liegt auch meistens richtig. Sie hat mich relativ früh schon sehr gut lesen und verstehen können. Aber als gute Psychologi­n sieht sie in mir ja ein Stückchen weit einen ihrer Patienten und ist deshalb nachsichti­g mit meinen Marotten.

Welche Marotten? Dauerbrenn­er ist meine nagende Ungeduld. Ich musste lernen, im Hier und Jetzt zu sein und nicht schon wieder tausend Pläne zu schmieden und an den nächsten Moment zu denken. Achtsamkei­t ist ein großes Thema bei uns, da musste ich an mir arbeiten und muss es immer noch.

Vor 17 Jahren waren Sie Preisträge­r des New Faces Awards Film von BUNTE. Dann kamen Filme in England, Frankreich und Hollywood. Wie haben Sie das erlebt? Wie eine angenehme Serpentine­nfahrt, bei der einem nicht schwindlig wird. Ich muss wahnsinnig dankbar und froh sein, dass ich überhaupt noch hier sitzen und Interviews geben darf, weil ich arbeite. Man muss manchmal innehalten und sich vergegenwä­rtigen, dass das nicht selbstvers­tändlich ist.

UNSER SOHN HAT UNSER LEBEN KOMPLETT UMGEKREMPE­LT

 ??  ?? EHEPAAR SEIT 2017 Daniel Brühl und Felicitas Rombold heirateten bei Barcelona, seinem Geburtsort. Ihren Sohn tauften sie Anton
EHEPAAR SEIT 2017 Daniel Brühl und Felicitas Rombold heirateten bei Barcelona, seinem Geburtsort. Ihren Sohn tauften sie Anton
 ??  ?? THRILLER um ein Klon-Kind: „My Zoe“, zzt. im Kino
THRILLER um ein Klon-Kind: „My Zoe“, zzt. im Kino

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