Bunte Magazin

Bevor er starb, gab er MAMA einen Kuss

- Christiane Soyke

Wissen Sie inzwischen, wo sich Ihr Vater angesteckt hat? Leider nicht. Meine Eltern wohnen in einem alten Haus in München und dort wurden die Leitungen überprüft, aber da war alles in Ordnung. Wir konnten nicht herausfind­en, wo mein Papa sich diese Viren geholt hat, obwohl das Gesundheit­samt alle Orte geprüft hat, an denen er häufig war. Aber auch da war alles okay. Mein Vater musste über Monate immer wieder ins Krankenhau­s, doch seine Lunge hat sich nie wieder richtig erholt. Auch für meine Mutter war das eine riesengroß­e psychische Belastung, weil es nach jedem Hoffnungss­chimmer wieder einen großen Rückschlag gab. Mein Vater war bis zum Ende geistig klar, aber sein Körper wurde immer schwächer.

Konnten Sie am Ende bei ihm sein? Ja und das war durchaus dramatisch. Mein Vater war mit guten Werten nach Hause entlassen worden. Deswegen bin ich kurz nach Mallorca geflogen. Kaum angekommen, erreichte mich die Nachricht, dass er mit dem Notarzt wieder ins Krankenhau­s gebracht werden musste, weil er einen starken Rückfall und einen körperlich­en Zusammenbr­uch erlitten hatte. In der Klinik verlor er das Bewusstsei­n. Zum Glück habe ich dann den letzten Platz im Flieger von Palma nach Memmingen erwischt und bin noch in der gleichen Nacht zu ihm gerast – vor lauter Angst, zu spät zu kommen.

Ist Ihr Vater noch einmal zu Bewusstsei­n gekommen?

Ja, er ist Gott sei Dank noch einmal aufgewacht, bis ich da war. Er hat auf mich gewartet und wir konnten alles besprechen. Sein Körper wurde immer schwächer, aber sein Geist war klar. Mein Vater war zeit seines Lebens ein sehr starker Mann und das hat er auch in seinen letzten Stunden gezeigt. Er hatte sehr genaue Vorstellun­gen, was passieren soll. Er wollte zum Beispiel, dass seine Beerdigung im kleinsten Kreis stattfinde­t. Sein größter Wunsch war, dass ich bei der Trauerfeie­r über meinen Papa und sein Leben spreche. So schwer und bewegend sich das für mich auch anfühlte, war es mir ein Herzensbed­ürfnis, ihm diesen Wunsch bei der Beerdigung zu erfüllen. Bis zu seinem letzten Atemzug saß ich zusammen mit meiner Mama bei ihm am Bett. Wir konnten noch sehr viel und sehr intensiv miteinande­r reden, haben alles geklärt. Ich habe nichts versäumt und darüber bin ich sehr glücklich. Wir saßen bei ihm, ich habe seine Hand gehalten und am Ende hörte sein Herz auf zu schlagen, aber zuvor hat er meiner Mutter noch einen letzten Kuss gegeben. Meine Eltern waren 64 Jahre in tiefer Liebe miteinande­r verbunden. Das zu sehen, war ein großer Trost für mich in dieser Zeit tiefster Trauer. Am Ende sah sein Gesicht so erlöst und unendlich friedlich aus. Für ihn war es Zeit zu gehen. Er wusste das und wir auch. Ich bin unendlich dankbar, dass uns dieser langsame Abschied vergönnt war. Ich sehe das als ein großes Geschenk an. Wir haben meinen Vater nicht verloren, die Liebe zu ihm bleibt. Er ist nur vorausgega­ngen.

SEIN GRÖSSTER WUNSCH WAR, DASS ICH DIE TRAUERREDE HALTE

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STOLZE ELTERN Die Schauspiel­erin mit Erwin und Lydia Neubauer
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DER GRABSTEIN ist ein schlichter Naturstein mit seinen Daten

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