Cannabis als Arzneimittel
Hanf ist eine der ältesten Nutz- und Heilpflanzen der Welt und wird in der Medizin gerade wie eine Neuentdeckung gefeiert – das sorgt aber auch für kontroverse Diskussionen. Dr. Christian Kessler, Oberarzt für Forschungskoordination und Projektmanagement am Immanuel Krankenhaus Berlin, sagt: „Cannabis ist nicht Placebo, nicht nur Droge, sondern vor allem ein hochpotentes Arzneimittel.“
Bei welchen Beschwerden kann Cannabis helfen? Das Indikationsspektrum für CannabisArzneimittel ist unter Berücksichtigung der engen gesetzlichen Vorgaben für eine Verordnung breit und reicht über verschiedene Formen chronischer Schmerzerkrankung wie tumorbedingte Schmerzen oder therapieresistente Kopf- und Rückenschmerzen bis in den psychiatrischen Bereich bei bestimmten Formen von Zwangsstörungen. Auch bei Krebspatienten mit Appetitlosigkeit oder unerwünschten Wirkungen einer Chemotherapie, wie schwerer Übelkeit, oder zu den unterstützenden Behandlungen bei neurodegenerativen Erkrankungen wie MS können cannabisbasierte Arzneimittel eingesetzt werden. Auch bei schweren Fällen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen oder Autoimmunerkrankungen kann der Arzt im Einzelfall prüfen, ob der Einsatz solcher Präparate Sinn macht.
Das klingt nach einem medizinischen Wundermittel.
Cannabinoide sind sicher keine Allheilmittel. In der aufgewühlten und oft unsachlichen Diskussion der letzten Jahre werden sie sowohl überals auch unterschätzt. Mit Blick auf die Zukunft können sie aber
mit großer Wahrscheinlichkeit sinnvolle Beiträge im Rahmen verantwortungsvoller und wissenschaftsbasierter ärztlicher Therapien bei bestimmten Erkrankungen leisten.
Ist die Wirksamkeit von Cannabinoiden wissenschaftlich bewiesen?
In der Cannabispflanze stecken mehr als 500 verschiedene Substanzen, wie CBD und THC, Terpene und andere sekundäre Pflanzenstoffe. Viele Jahrzehnte globaler Cannabis-Prohibition haben sich auch auf die Forschung ausgewirkt. Das heißt, es gibt noch relativ wenig wirklich aussagekräftige wissenschaftliche Daten auf der Basis großer klinischer Studien zu speziellen Krankheitsbildern. Weltweit wird mittlerweile aber wieder intensiv zu Cannabis-Arzneimitteln geforscht. Ich denke, in zehn Jahren werden wir viel genauer wissen, welche Stoffe der Cannabispflanze wo und in welchem Umfang wirksam sind.
Der Wirkstoff Cannabidiol (CBD) erobert derzeit Hollywood und ist auch vermehrt in Deutschland erhältlich. Er soll beim Einschlafen, gegen Entzündungen, Kopfund Muskelschmerzen helfen. Anders als THC fällt CBD nicht unter das Betäubungsmittelschutzgesetz. Produkte mit diesem Inhaltsstoff sind somit leichter erhältlich. Pharmakologisch ist CBD eine hochinteressante Substanz, die aber im Wesentlichen noch klinisch unerforscht ist. Es hat im Gegensatz zu THC kein Abhängigkeitspotenzial und wird in der Regel gut vertragen. CBD-Produkte sollte man aber nicht im Internet oder Supermarkt kaufen, sondern in der Apotheke, da es auf dem europäischen Markt auch viele schlechte Produkte gibt. Zu einer Therapie mit CBD sollte immer eine ärztliche Beratung gehören, anstatt es einfach mal auszuprobieren.