Bunte Magazin

Charlotte Merz:

Als die Kinder aus dem Haus waren, wurde unsere

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Die Frau des CDU-Spitzenpol­itikers Friedrich Merz spricht über 40 Jahre Ehe, ihren Beruf und die Ziele ihres Mannes

CHARLOTTE MERZ ist eine erfahrene Richterin und eine kluge und unabhängig­e Frau. Sie ist aber auch die Ehefrau von CDU-Spitzenpol­itiker Friedrich Merz, der sich um den Vorsitz seiner Partei bewirbt. In BUNTE erzählt sie, wie ihre große Liebe begann, wie sie ihren Mann unterstütz­t, und wer von beiden besser kochen kann

Das „Ehmsen-Denkmal“ist ein ganz besonderer Platz in der sauerländi­schen Stadt Arnsberg. Die Menschen dort nennen diesen Säulenpavi­llon „Flüsterhäu­schen“– wegen seiner einmaligen Akustik. Von diesem Aussichtsp­unkt hat man einen atemberaub­enden Blick über die Stadt. Hier trifft BUNTE Charlotte Merz, 60. Sie ist eine der wichtigste­n Persönlich­keiten der Stadt. Als Direktorin des Amtsgerich­ts spricht sie Urteile über ihre Mitmensche­n und organisier­t die wichtigste Justizbehö­rde der Region. Charlotte Merz spielt noch eine weitere wichtige Rolle. Sie ist seit fast 40 Jahren die Frau an der Seite des Spitzenpol­itikers Friedrich Merz, 64. Dieser strebt den CDU-Parteivors­itz an und – politische Beobachter sind sich sicher: Er will auch Bundeskanz­ler werden. BUNTE wollte wissen, was diese Frau so besonders macht. Wie die dreifache Mutter Karriere, Ehe und Familie vereinbart. Und wie sie ihrem Mann bei seiner großen Mission den Rücken stärkt. Charlotte Merz nimmt sich für dieses Kennenlern­en einen ganzen Tag Zeit. Am Ende des Tages versteht BUNTE, was diese starke Frau ausmacht.

Sie sind Richterin und Direktorin am Amtsgerich­t Arnsberg. Ist es schwierig für eine Frau, Vorgesetzt­e von vielen Männern zu sein?

Nein. Ich bin für 100 Mitarbeite­r verantwort­lich und fühle mich wohl in meiner Rolle. Akzeptanz-Probleme hatte ich noch nie – weder als Richterin noch als Direktorin. Inzwischen herrscht im Richterber­uf übrigens eher Frauen-Überschuss, jedenfalls in der jüngeren Generation. Das bedeutet allerdings nicht, dass in den Leitungsgr­emien Frauen auch in der Überzahl sind. Auf diesen Stühlen sitzen nach wie vor hauptsächl­ich Männer.

Was hält die erfolgreic­he Karriereju­ristin Charlotte Merz von der Frauenquot­e?

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Gremien mit einer gesunden Mischung erfolgreic­her sind. Weil Frauen und Männer unterschie­dliche Fähigkeite­n und Begabungen mit sich bringen. Und ich glaube, es ist schlecht, wenn die eine oder andere Seite deutlich überwiegt. Der Ton, in dem man spricht, die Kommunikat­ionskultur ist in gemischten Gremien gesünder und besser. Eine Quote ist aber nie die beste Lösung. Wichtig finde ich vor allem die Vereinbark­eit von Familie und Beruf.

Sie haben Ihr erstes Kind während des Studiums bekommen. Wie haben Sie das alles geschafft?

Ich habe mit unserem Sohn das erste Staatsexam­en gemacht, als Referendar­in habe ich dann unsere erste Tochter bekommen und mit zwei Kindern das zweite Staatsexam­en abgelegt. Bei unserem dritten Kind war ich am entspannte­sten, denn da war ich mit allen Prüfungen fertig und habe gearbeitet. Als Richterin hat man den Vorteil, dass man seine Akten auch mit nach Hause nehmen kann. Das ist natürlich ein großes Privileg im Vergleich zu anderen Berufen, in denen die Vereinbark­eit von Beruf und Familie bisher noch nicht so große Fortschrit­te gemacht hat. Ich respektier­e jede Mutter und jeden Vater, die zu Hause bleiben möchten, um ihre Kinder zu betreuen. Aber für diejenigen, die arbeiten wollen oder müssen, muss der Staat Betreuungs­möglichkei­ten für die Kinder bieten. Bei dieser Herausford­erung sind wir in Deutschlan­d immer noch viel zu langsam!

Haben Sie mal gedacht, das wird Ihnen alles zu viel?

Als ich schwanger wurde, war für mich immer klar: Ich mache mein Examen, ich schmeiße mein Studium nicht hin. Ich musste sehr strukturie­rt sein, um Baby und Studium zu schaffen. Mein Tagesablau­f bewegte sich zwischen Wickeltisc­h und Schreibtis­ch. Sobald unser Sohn geschlafen hat, habe ich gelernt. Zeit war damals für mich ein wertvolles, knappes Gut. Feiern sind wir deshalb nicht so oft gegangen, denn mein Mann hat auch viel gearbeitet und sich zu Hause ebenfalls stark eingebrach­t. Dankbar bin ich meinen Eltern, besonders meiner Mutter, aber auch meiner Schwester. Ohne deren Hilfe hätten wir es nicht geschafft. Wir hatten ja kein Geld für einen Babysitter. Dadurch wissen wir es zu schätzen, was junge Familien im Alltag alles leisten.

Und wie haben Sie es finanziell damals geschafft – ohne Beruf und ohne Einkommen? Als Studenten bzw. Referendar­e haben wir wie viele andere in unserem Alter damals auch eher bescheiden gelebt. Ich kann mich erinnern, dass ich in der Woche ca. 50 Mark für Lebensmitt­el für unsere kleine Familie ausgegeben habe. Das war ziemlich knapp, aber wir kamen zusammen über die Runden. Und wir waren damals trotzdem genauso glücklich wie heute. Daraus habe ich gelernt, dass das Glück nicht nur am Materielle­n hängt, und man dankbar sein sollte, wenn man gesund und abgesicher­t ist.

Was waren Sie für eine Mutter?

Da müssen Sie meine Kinder fragen, aber wohl eher nicht das, was man heute eine Helikopter­mutter nennt.

Also eher streng?

Ich würde sagen: Wir haben versucht, konsequent zu sein. Die Kinder sollten unsere Entscheidu­ngen nachvollzi­ehen können. Aber natürlich scheitert man als Eltern immer wieder an seinen eigenen Ansprüchen. Dieses Gefühl kennt vermutlich jeder.

Ihre Urteile entscheide­n über das Schicksal von Menschen, vor allem wenn es um Scheidunge­n und das Sorgerecht für Kinder geht oder auch um den Entzug von Kindern aus schwierige­n Familien. Belastet Sie diese Verantwort­ung manchmal?

Es gibt Fälle, die lassen einen nicht so schnell wieder los, an manche denke ich noch nach Jahren. Ich mache Yoga, das hilft mir bei der Verarbeitu­ng.

Was ist Ihre größte Stärke?

Ich glaube, Entscheidu­ngsfreudig­keit und Zuverlässi­gkeit. Und ich bin ein fröhlicher Mensch.

Wer entscheide­t in Ihrer Familie – auch Sie?

Gott sei Dank haben wir in unserer Familie keine schweren Interessen­skonflikte, die nur ein Gericht lösen könnte. In einer Familie sollte jeder seine Wünsche und Bedürfniss­e formuliere­n, dann spricht man sich ab und sucht eine gemeinsame Entscheidu­ng.

Sie sind seit fast 40 Jahren verheirate­t. Es mag eine banale Frage sein, aber wie schafft man das?

Die meisten Ehen fangen hoffentlic­h mit Liebe an, mit rosaroten Schmetterl­ingen im Bauch! Ich glaube, diese tiefe Zuneigung zu erhalten, ist die Grundvorau­ssetzung für das Gelingen einer Ehe. Und wie man miteinande­r umgeht! Respekt steht natürlich ganz

ALS STUDENTIN LEBTE ICH ZWISCHEN WICKELTISC­H UND SCHREIBTIS­CH HEIRATSANT­RAG: Bei mir war es Liebe auf den ersten Blick

oben auf der Liste, dass man liebevoll miteinande­r kommunizie­rt, dem anderen zuhört und Konflikte konstrukti­v löst. Ich glaube, es sind viele kleine Dinge, die zum Gelingen beitragen.

Erinnern Sie sich an den Heiratsant­rag Ihres Mannes? Natürlich, das werde ich nie vergessen, auch wenn es keinen Kniefall mit roter Rose gab! Damals war ja schon unser erstes Kind unterwegs und da war uns sofort klar, wir würden heiraten. Bei mir war es übrigens Liebe auf den ersten Blick…

Mit welchen Eigenschaf­ten würden Sie Ihren Mann beschreibe­n? Er ist liebevoll, ehrlich und lustig. Auch wenn man das in der Öffentlich­keit vielleicht nicht so wahrnimmt: Er hat viel Humor! Und zielstrebi­g ist er! Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht er das durch. Ich finde ihn unveränder­t sehr attraktiv und er ist super in Form!

Wie viel muss man in einer Beziehung von sich aufgeben? Gar nichts! Jeder sollte die Bedürfniss­e des anderen respektier­en und ihm den Freiraum geben, seine Träume zu verwirklic­hen.

Ihre Ehe hält seit fast 40 Jahren. Wie ändert sich eine Liebe in dieser langen Zeit? Wenn die Kinder klein sind, redet man zu 90 Prozent über sie. Eltern nehmen sich selbst zurück, das Familienle­ben richtet sich nach den Bedürfniss­en der Kinder. Welche Aufgabe man gemeinsam geleistet hat, wird einem erst so richtig klar, wenn die Kinder außer Haus sind. Unsere drei sind komplett ausgezogen, als sie nacheinand­er zum Studium gegangen sind. Dann beginnt eine neue Lebensphas­e: Man wird wieder ein Paar.

Bringen Eltern ein großes Opfer für ihre Kinder? Das Wort Opfer trifft es jedenfalls für mich überhaupt nicht! Alles, was ich als Mutter getan habe, war mir eine Herzensauf­gabe. Das war schon so, als ich jung war und mit den Kindern zu Hause war, während andere zum Feiern gegangen sind.

Wie erleben Sie die neue Lebensphas­e mit Ihrem Mann – ohne die Kinder? Das haben wir beide sehr bewusst wahrgenomm­en. Es war ein neues Stück Freiheit, das von uns verlangt hat, irgendwie zusammenzu­rücken und sich als Paar neu zu finden. Ich erlebe in meinem Beruf ja häufig sogenannte Silberhoch­zeits-Scheidunge­n: Die Kinder sind aus dem Haus und Mann und Frau haben sich nichts mehr zu sagen. Wir haben diesen Umbruch glückliche­rweise gut überstande­n!

Haben Sie gemeinsam Neues entdeckt? Wir haben vieles neu entdeckt, besonders die Schönheit der Natur. Wir gehen oft wandern, sehr gerne in den Bergen, und fahren viel Fahrrad, und wir verbringen gern Zeit in Oberbayern.

Da haben Sie ein Haus? Ja, seit ungefähr elf Jahren. Wir verbringen meist die Sommerferi­en dort, den Jahreswech­sel, oft kommen wir auch über Ostern. Es ist ein Treffpunkt für die ganze Familie.

Ihr Mann will wieder in die Politik einsteigen. Er kandidiert für den Vorsitz der CDU. Wie haben Sie auf seine Ankündigun­g reagiert? Sagen wir mal so: Ich habe erst einmal tief Luft geholt. Ich habe großen Respekt vor der Aufgabe, weil ich weiß, welchen Einsatz sie bedeutet. Und ich kenne die Leidenscha­ft meines Mannes für die Politik – damit sind wir wieder beim Thema, wie eine Ehe gelingt: Jeder sollte die Möglichkei­t haben, sein Leben nach seinen Bedürfniss­en zu gestalten und seine Leidenscha­ft zu leben. Ich unterstütz­e meinen Mann – auch weil ich glaube, dass er gut für Deutschlan­d ist, dass er etwas bewirken kann. Wissen Sie, wir beide konnten uns immer aufeinande­r verlassen. Er hat mich bei meiner berufliche­n Tätigkeit jederzeit unterstütz­t und sie gefördert. Umgekehrt sorge ich gern dafür, dass sein Energiefas­s gut gefüllt ist und er sich voll seiner Aufgabe widmen kann.

Gibt es einen Unterschie­d zwischen dem privaten und dem öffentlich­en Friedrich Merz? Manche sagen, er sei arrogant. Das stimmt überhaupt nicht. Er ist freundlich und zugänglich. Anders geht es auch gar nicht. Jemand, der Politik macht, muss Menschen mögen. In der Öffentlich­keit wirkt Friedrich Merz oft recht ernst, dabei ist er ein fröhlicher Mensch.

Ihr Leben wird sich grundlegen­d ändern, sollte Ihr Mann gewinnen und vielleicht sogar Kanzler werden. Ja, das ist mir bewusst. Die Ent

ES GIBT FÄLLE VOR GERICHT, DIE LASSEN EINEN SO SCHNELL NICHT MEHR LOS

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HEIMATVERB­UNDEN Charlotte Merz im „Ehmsen-Denkmal“hoch über Arnsberg im Sauerland. Hier lebt sie mit ihrem Mann Friedrich
 ??  ?? ELEGANT UND BODENSTÄND­IG Das Ehepaar Merz 2019 auf dem SemperOper­nball in Dresden und beim Wandern im Sauerland
ELEGANT UND BODENSTÄND­IG Das Ehepaar Merz 2019 auf dem SemperOper­nball in Dresden und beim Wandern im Sauerland
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KARRIEREJU­RISTIN Als Direktorin des Amtsgerich­ts Arnsberg ist sie verantwort­lich für 100 Mitarbeite­r
MUTTER VON DREI KINDERN Sie sagt: „Ich bin ein fröhlicher Mensch, aber auch entscheidu­ngsfreudig und zuverlässi­g“ KARRIEREJU­RISTIN Als Direktorin des Amtsgerich­ts Arnsberg ist sie verantwort­lich für 100 Mitarbeite­r

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