Götz Schubert: Wie ihn der Tod seiner Eltern beschäftigt
GÖTZ SCHUBERT verlor seine Eltern an Krebs. In BUNTE spricht der große Schauspieler über die Umstände ihres Todes und die Lehren, die er aus dem zum Teil unwürdigen Sterbeprozess zieht
ICH WILL FÜR MICH UND MEINE LIEBEN NOCH VIELE GLÜCKSMOMENTE ERLEBEN
Hat der Mensch das Recht, über sein Leben selbst zu bestimmen? Schauspieler Götz Schubert, 57, hat sich diese Frage oft gestellt. 2012 wurde er „mehr oder weniger von heute auf morgen auf einmal mit dem Tod konfrontiert“, sagt er BUNTE. Sein Va‑ ter Tilo Schubert war an Magen‑ und Darm‑ krebs erkrankt und starb mit 81 Jahren nach einer – so der Filmstar – „im Nachhinein durchaus unwürdigen Tour durch verschiedene Krankenhäuser“. Für Götz Schubert, seine Frau und Kollegin Simone Witte und ihre Kinder Charlotte und Victor bedeutete dies ein „rund achtwöchiger, extrem harter Crashkurs in Sachen Sterben“.
Viele Entscheidungen über die Versor‑ gung seines Vaters hätte er gern rückgängig gemacht.
„Mein Vater musste zwischen zwei Krankenhäusern und Kurzzeitpflege hin- und herwechseln, lag mit übereinandergeschlagenen Beinen in verschiedenen Betten, Schläuche hingen aus seiner Nase und seinem Bauch, durch einen Tropf bekam er Schmerzmittel, zudem wurde er künstlich ernährt.“Selbst als er fragte: „Wie lange soll das denn hier noch gehen?“, hätten er und die Familie „alles noch runtergespielt“, so Götz Schubert. „‚Na komm, Papa, deinen 81. Geburtstag und noch mindestens ein Weihnachten, das schaffen wir‘, haben wir gesagt. Auch weil wir emotional gar nicht in der Lage waren, darüber zu sprechen, wie es wäre, wenn die künstliche Ernährung beendet würde und man dann auf einmal Abschied voneinander nehmen müsste. Das wollte keiner von uns aussprechen.“
Sein Vater habe immer den Wunsch ge‑ habt, nach Hause zu kommen, „raus aus der Klinik. Am Ende landete er in dem Krankenhaus, in dem alles begann. Nur hatte dort glücklicherweise gerade eine Palliativstation eröffnet. Leider viel zu spät für ihn, nur eine Woche konnte er beim Sterben unterstützend begleitet werden, dann starb er.“
Götz Schubert hat diese Tage als „heilsam“in Erinnerung: Eine Schwester habe ihnen geholfen, mit seinem Vater über den Tod zu reden und Ängste und Wünsche aus‑ zusprechen. „Wir haben als Familie an seinem Bett sogar mit Sekt angestoßen und sein Leben gefeiert, uns an die schönen Zeiten erinnert und gemeinsam von ihm Abschied genommen. Ich erinnere mich noch, als eine Ärztin reinkam und uns konsterniert ansah. Da wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie sehr sich eine Palliativabteilung von einer ‚normalen‘ Krankenstation unterscheidet. Den Ärzten geht’s dem hippokratischen Eid zufolge um die Rettung von Menschenleben. Auf der Palliativstation geht es nicht um Genesung, sondern um Sterbebegleitung.“
War er dabei, als sein Vater starb? „Nicht unmittelbar am Krankenbett, aber ganz in
der Nähe. Das war sehr bewegend, traurig und zugleich auf eine gute Art tröstlich, dass wir in diesem Moment für ihn da sein konnten.“Seine sieben‑ tägige Erfahrung auf der Palliativstation genügte Götz Schubert, um die Bedeutung von sterbebegleitender Pflege zu erkennen: Seitdem engagiert sich der Schauspieler als Botschafter für die Deutsche Hospiz‑ und PalliativStiftung. „Ein Mitglied der Gesellschaft, jeder Mensch, hat es einfach verdient,
würdevoll zu sterben“, erklärt er BUNTE. Als vor zwei Jahren auch seine Mutter an Krebs erkrankte, hoffte der Schauspieler, dass sich der Leidensweg seines Vaters bei ihr nicht wiederholen würde. Doch auch sie konnte nicht so sterben, wie sie es sich ge‑ wünscht hatte: „Meine Mutter hatte eine Art Hautkrebs, der sich jedoch im Darm ausgebreitet hatte. Eine Operation und ein künstlicher Darmausgang waren daher unvermeidlich. Leider hatte ich damals nicht mehr die Gelegenheit, einen Palliativmediziner zurate zu ziehen“, erinnert sich Götz Schubert, „und so wurde eine große OP durchgezogen mit vielen Aufs und Abs in der Folge. Meine Mutter hat die Intensivstation leider nicht mehr verlassen können. Mein Bruder Veit, meine Frau, die Kinder und ich waren viel da in der Zeit. Letztlich gab es ein Gespräch mit dem Arzt aufgrund der Patientenverfügung meiner Mutter, ob die Nierendrainage wieder angeworfen werden sollte oder nicht. Wir haben uns nach intensiver Beratung dagegen entschieden. Das war schwer, aber es war für sie und uns letztlich richtig.“
Götz Schubert selbst hat noch keine Patientenverfügung gemacht. Sich intensiv mit dem eigenen Sterben auseinanderzu‑ setzen, versetze ihn in Angst: „Es gibt Tage, an denen kann ich ganz gut leben mit dem Gedanken, nicht unsterblich zu sein, und dann gibt es Tage, wo ich denke, um Himmels willen, ich will doch noch dies und das und jenes machen und erleben und überhaupt bin ich noch viel zu jung – weniger im Sinne einer To-do-Liste: Ich muss nicht den Mount Everest erklimmen, aber ich bin sehr erpicht darauf, mir in meinem Leben noch zu einer Menge an Glücksmomenten zu verhelfen, für mich persönlich und für alle meine Lieben.“
WIR HABEN SEIN LEBEN GEFEIERT UND GEMEINSAM ABSCHIED GENOMMEN ES WAR AUF EINE GUTE ART TRÖSTLICH, DASS WIR FÜR IHN DA SEIN KONNTEN