Bunte Magazin

FILM/FERNSEHEN Maria und Susanna Simon: Die Schauspiel-Schwestern über ihre schwere Kindheit

SUSANNA UND MARIA SIMON mussten in ihrer Kindheit allein klarkommen. Das hat die Schauspiel­erinnen geprägt

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Die eine ist mehr Lady, die andere mehr Hippie. Die eine wohnt in der Stadt, die andere mit Kindern und Tieren auf dem Land und verkauft BioHanföl aus der Uckermark. Nur beim Essen haben sie den gleichen Geschmack, eher veggie als Steak. Auch Suppen mögen sie, weil es zu Hause jeden Samstag Borschtsch gab, kichern Susanna, 52, und Maria Simon, 44, deren Mutter Olga aus Kasachstan stammt.

Sie sind wie Feuer und Wasser, hat man den Eindruck. Susanna: Ich würde eher sagen, dass uns eine innige Geschwiste­rliebe eint, die durchaus auch ihre Spannungen hat. Maria ist ein emotionale­r Freigeist, während ich Strukturen liebe und manchmal vielleicht sogar zu viel nachdenke, bevor ich handle. Ich sehne mich nach Harmonie, während Maria gern über alles diskutiert und auch mal provoziert. Maria: Wobei Susannas Suche nach Harmonie manchmal auch eine Provokatio­n sein kann, aber das will sie nicht hören. Als Kind war meine schöne, große, starke Schwester jedenfalls mein absolutes Vorbild. Später hat sie mir gezeigt, dass ich aus meiner Vorliebe fürs Verkleiden einen richtigen Beruf machen kann, dass man das studieren kann, so wie sie es getan hatte.

Und was waren die großen Streitpunk­te? Als junge Erwachsene haben wir eine Zeit lang zusammenge­wohnt und uns oft richtig gezofft, weil ich mal wieder nicht aufgeräumt hatte. Einmal habe ich in meiner Wut sogar einen Latschen nach ihr geschmisse­n. Ich habe aber das Gefühl, dass wir uns immer näher kommen, je älter wir werden. Susanna: Eine Schwester zu haben, ist einfach großartig. Das ist eine starke Bindung, aber leider sehen wir uns zu selten.

Ihre Kindheit war schwierig, denn Ihre Eltern gingen Mitte der Achtziger an die UNO nach New York und ließen Sie in der DDR zurück. Maria: Für meinen Vater waren die USA ein Traumland und es war ein Ausweg, in Freiheit zu leben. Unsere Mutter hat ihn begleitet, weil sie ihn sehr geliebt hat und auch musste. Sie wurde nicht groß gefragt. Für sie muss es sehr schlimm gewesen sein.

Susanna: Auch für uns war das extrem schmerzhaf­t, aber ich habe mir damals geschworen, nicht daran kaputtzuge­hen, sondern dieses Alleinsein als Chance für mich selbst zu sehen und mir meine eigene Freiheitsi­nsel zu schaffen. Ich war 16 und habe durchgeset­zt, dass ich in unserer Wohnung allein wohnen durfte, hatte meinen ersten Freund, meine ersten Partys ohne Stress mit den Eltern. So konnte ich ganz gut „überleben“. Maria: Ich war ja gerade mal zehn und wurde in einem Kinderheim untergebra­cht. Immerhin hatten wir alle dort das gleiche Schicksal. Unsere Eltern wurden ins kapitalist­ische Ausland geschickt und wir Kinder blieben als Pfand für die DDR zu Hause. Ich durfte meine Eltern einmal im Jahr besuchen und sie mich. Ich musste sehr früh emotional funktionie­ren, habe mich angepasst, meine eigene Würde aufgegeben, obwohl sich alles in mir innerlich gesträubt hat. Es war eine harte Schule fürs Leben. Als ich später selbst Mama wurde, habe ich mich intensiv mit dieser Thematik beschäftig­t und meinen Eltern auch Vorwürfe gemacht, dass sie sich damals so entschiede­n hatten. Auf der anderen Seite gehören all diese Erfahrunge­n zu meinem Leben. Auch der Schmerz. Dass ich all das überwunden habe, gibt mir heute Kraft für mein eigenes Leben. Susanna: Als ich mit meiner ersten Tochter schwanger war, habe ich all diese Gefühle neu hervorgeho­lt. Ich wollte nicht ins totale Gegenteil verfallen und vielleicht eine Übermutter werden, die ihr Kind aus lauter Angst nicht aus den Augen lässt. Inzwischen habe ich meinen Frieden damit gemacht und freue mich, welch liebevolle Großeltern meine Mädels haben. Maria: Ich habe vor ein paar Jahren aus vielen Gründen eine Therapie gemacht und mir das alles noch einmal genau angesehen. Da kam viel hoch im Punkt Vertrauen und Selbstwert­gefühl. Das war ein wichtiger Prozess. Im Grunde hatten meine Eltern keine Wahl, sie wurden von der DDR nach New York geschickt, das war das System. Wenn sie abgelehnt hätten, wäre ihr Leben vorbei gewesen. Das weiß ich heute. Die erste Zeit war wirklich schlimm, aber mit 13 fand ich es cool, dass meine Schwester allein in unserer alten Wohnung lebte. Susanna: Da habe ich dich einmal erwischt, wie du mit deiner besten Freundin geraucht hast. Ich bin echt ausgeraste­t, denn ich fühlte mich für dich verantwort­lich. Maria: Ein Jahr später fiel die Mauer, ich bin zu meinen Eltern nach New York gezogen und habe dort mein Abitur gemacht. Auch das war eine intensive Zeit. All diese Erfahrunge­n haben mich zu der Frau reifen lassen, die ich heute bin. Ich habe ein offenes Herz und sehr an mir gearbeitet, meine innere Stärke zu finden. Als Kind konnte ich nicht zeigen, wie wütend ich war. Aber mit der Zeit habe ich mich befreit und lebe heute so, wie es meinem wahren Selbst entspricht.

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 ??  ?? SISTER-LOVE Maria Simon („Polizeiruf 110“) und Susanna Simon (l., in Luisa Cerano) träumen von einer gemeinsame­n Reise
IN BERLIN traf BUNTE-Autorin Christiane Soyke (hinten) Susanna (in Luisa Cerano) und Maria Simon (in Liapure, vorn)
„ZIEMLICH RUSSISCHE FREUNDE“
„POLIZEIRUF 110“ DIE KOMÖDIE mit Susanna Simon läuft am 27. 11. um 20.15 Uhr im Ersten IM JANUAR läuft die letzte Folge von Maria Simon mit Lucas Gregorowic­z
SISTER-LOVE Maria Simon („Polizeiruf 110“) und Susanna Simon (l., in Luisa Cerano) träumen von einer gemeinsame­n Reise IN BERLIN traf BUNTE-Autorin Christiane Soyke (hinten) Susanna (in Luisa Cerano) und Maria Simon (in Liapure, vorn) „ZIEMLICH RUSSISCHE FREUNDE“ „POLIZEIRUF 110“ DIE KOMÖDIE mit Susanna Simon läuft am 27. 11. um 20.15 Uhr im Ersten IM JANUAR läuft die letzte Folge von Maria Simon mit Lucas Gregorowic­z

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