Miroslav Nemec: Vor 20 Jahren fand er seine große Liebe
MIROSLAV NEMEC ist als „Tatort“Kommissar ein einsamer Wolf. Privat fand er vor 20 Jahren sein großes Glück
Drei Töchter gibt es in seinem Leben: Amelie ist 32, nennt Miroslav Nemec Papa, hat einen anderen leiblichen Vater. Nina ist 21, er und ihre Mutter trennten sich, als sie Kleinkind war. Und Mila, 8, mit seiner Ehefrau Katrin, 40. Im Juni feierte der TV-Star seinen 66. Geburtstag.
Mit 66 Jahren … … da fängt das Leben an!
Udo Jürgens sang das. Hat er recht? Ja, auf alle Fälle! Jetzt war ich grad beim Physiotherapeuten, ich fühl mich wie neugeboren. Manchmal zwickt’s halt hier und da, ich finde das ganz normal.
66 Jahre ist eine stolze Strecke! Manchmal denk ich, Mensch, meine Frau ist 40, die hat noch 50 Jahre vor sich. Meine jüngste Tochter ist acht, die hat noch mehr als 80 Jahre. Und ich, na ja, 20 oder 25 Jahre, wenn man sich das geben mag. Das ist schon wenig. Und dann sterbe ich. Darüber denke ich manchmal nach, aber nicht zu lang.
Sie sind 30 Jahre beim „Tatort“und 20 Jahre mit Ihrer Frau zusammen. War damit zu rechnen? Für beides gilt: Wenn etwas einfach gut ist, dann lebt man es und zählt nicht die Tage und Stunden. Aber das mit Katrin war eher abzusehen als der „Tatort“.
Ich weiß heute genau, was mir WICHTIG IST
Was hat sie in Ihr Leben gebracht, was vorher fehlte? Das familiäre Moment. Dass man diese Verbundenheit hat und füreinander einsteht. Das hatte ich aus meiner Familie in Kroatien, aber es war verschüttet. Sie hat es angerührt und zum Leben erweckt.
Ihre Frau hat Sie zum Familienmenschen gemacht? Ja, das stimmt. Sie will sich in ihrem Beruf verwirklichen, aber sie hat eine starke familiäre Tendenz, der sie vieles unterordnet, ohne dass ich das suggeriere. Wir hocken nicht immer aufeinander. Jeder kann, ohne ein schlechtes Gewissen, machen, was ihm wichtig ist.
Schlägt da der Rock’n’Roller in Ihnen durch, der Sie in Ihrer Jugend waren? Der bin ich von meinem Lebensstil her nicht mehr. Treue und Vertrauen sind eine klare Sache. Wenn man weiß, was einem wichtig ist, will man das nicht erschüttern.
Wie haben Sie sich kennengelernt?
Als Hospitantin am Deutschen Theater in München sollte Katrin bei der Premiere von „Chicago“, zu der Udo Wachtveitl und ich als VIPs eingeladen waren, uns umsorgen.
Ihre Frau war ursprünglich Ihr Fan? Nein, sie kannte Horst Tappert als „Derrick“, aber nicht mich. Sie hatte so Sachen gehört über mich, wurde gewarnt. Es gab dann in der Pause einen langen Blick zwischen uns über die Leute hinweg. Es hat sich von Anfang an angefühlt, dass da was ist. Wie hat sich diese Liebe auf den ersten Blick entwickelt? Sie ist heute vertrauter und offener denn je. Ich finde es das größte Glück, weil es hält und weil ich es mir nicht einreden muss.
Ich sehe Sie als den forsch nach vorne gehenden Typ, Ihre Frau eher zurückhaltend wie Ihren „Tatort“-Partner. Ist Ihre Frau der Udo Wachtveitl in Ihrer Beziehung? Katrin ist besonnener, ein Korrektiv. In beiden Fällen ergänzt man sich, das ist schon vergleichbar.
Sie sind ein Meister darin, mit einem flotten Spruch allzu Ernstes wegzuwischen. Geht Ihnen auch mal was richtig ans Herz? Ich habe so viel Schmerzhaftes durchlebt, dass ich das nur zulasse, wenn es unbedingt nötig ist. Wenn es mich runterzieht, mag ich es nicht.
Von welchem Schmerz sprechen Sie? Ich musste mit Verlustängsten in meiner Kindheit und Jugend umgehen. Das Hin- und Hergeschobenwerden. Meine Mutter haute mit mir nach Deutschland ab, meine Eltern ließen sich scheiden. Später ist sie mit mir zurück, meine Eltern haben wieder geheiratet und ich war verstört. Ich hab schon mit zehn festgestellt, dass die Erwachsenen nix auf die Reihe kriegen, dass ich das selber machen muss.
Und irgendwann waren Sie „Tatort“-Kommissar! Ja, da war ich 35. Nach dem ersten „Tatort“meinte die Redakteurin: ,Sie sind unser Alibi-Ausländer.‘ Das hat sie natürlich im Scherz gesagt, aber es hat ja auch gestimmt. Ich werde gerne als Beispiel dafür genommen, wie man sich integrieren kann oder sollte.
Wie finden Sie das? Damit kann ich gut leben. Ich bin der Meinung, dass man sich integrieren muss. Wenn man das Recht bekommt, in einem Land leben zu dürfen, sollte man sich dem Land auch dankbar erweisen und nicht alles kaputt schlagen, was dieses Land ausmacht. Das ist keine falsche Dankbarkeit. Stellen Sie sich vor, ich wäre mit zwölf nicht nach Bayern gekommen, sondern in Zagreb geblieben, wo wir wirklich nichts hatten. Wo wäre ich heute?
Wo ist Heimat für Sie? Meine Heimat sind Menschen, das ist mir früh klar geworden. Familie, Freunde. Meine Heimat trage ich in mir, also habe ich sie immer dabei.
Haben Sie einen starken Glauben, der Sie stützte?
Meine Oma hatte das, die hat das durchs Leben getragen. Ich hab immer an die Evolution geglaubt, den Urknall. Natürlich gibt es mehr Dinge zwischen Himmel und Hölle, als wir uns vorstellen können. Aber die Glaubensgeschichte war für mich wie ein Märchen. Ich hab mir das angehört und gedacht: Die Leut’ glauben das wirklich?
Das führt unweigerlich zur Sinnfrage. Warum sind wir hier? Wir wuseln hier rum, zerstören den Planeten und dann gehen wir wieder. Völlig sinnlos. Das heißt, du musst immer eine Stufe drunter bleiben. Da, wo du für dich noch greifbar einen Sinn siehst. Ich leb so gern. Ich ess gern, ich trink gern, ich schau gern in den Himmel. Ich mag’s sogar, wenn’s regnet, nur nicht zu lange. Ich bin eine begrenzte Zeit hier und die vermiese ich mir doch nicht. Die nutze ich!
MEINE HEIMAT TRAGE ICH IN MIR