Bunte Magazin

Fritz Wepper: Das Serien-Aus trifft ihn hart

FRITZ WEPPER wurde ausgemuste­rt, seine Serie „Um Himmels Willen“abgesetzt. Der Schauspiel­er erklärt, wie sehr ihn das schmerzt und wie es nun weitergeht

- Interview: Christiane Soyke

MEIN HERZ MACHT MIT DER NEUEN KLAPPE KEINE PROBLEME MEHR

Er ist einer unserer größten Stars und stand schon als Jugendlich­er vor der Kamera. Wenn man Fritz Wepper, 79, nach seinen Serien fragt, bekommt man wie aus der Pistole geschossen die Zahlen der Folgen von TV-Kulthits wie „Der Kommissar“(73), „Derrick“(281), „Mord in bester Gesellscha­ft“(15), „Zwei Brüder“(17) und auch „Um Himmels Willen“(260) serviert. „Mein Gedächtnis funktionie­rt wie ein Schweizer Uhrwerk“, grinst er dazu. Sein unvergleic­hlicher Humor hat ihn durchs Leben getragen, über Höhen und Tiefen begleitet. Er ist der Typ alter Zirkusgaul, der am liebsten in der Manege, sprich vor der Kamera, sterben würde. Einer der Letzten seiner Art, den die Fans auch wegen seiner menschlich­en Schwächen lieben, aus denen er nie ein Hehl gemacht hat. Seine aktuelle Serie um Bürgermeis­ter Wöller und das Kloster Kaltenthal lockt wöchentlic­h immer noch fünf Millionen Zuschauer vor den Bildschirm. Doch jetzt ist Schluss. 20 Jahre sind durchaus eine lange Zeit für eine TV-Serie.

Ja, das stimmt schon. Es waren auch mehrere Tausend Drehtage, aber ich hätte mir gewünscht weiterzuma­chen. Wir hatten jede Woche um die fünf Millionen Zuschauer, auch jüngere Fans, die sich die Folgen in der Mediathek angesehen haben. Die Entscheidu­ng der ARD ist für mich nicht einfach zu ertragen und kam für mich völlig überrasche­nd. Immerhin kamen die Produzente­n zu mir an den Tegernsee, um mir persönlich mitzuteile­n, dass sie „Um Himmels Willen“beenden wollen. Ich bin ja ein Mensch, der in allem das Positive zu sehen versucht, und dank meiner meditative­n Gesinnung kann ich inzwischen mit dem Gedanken leben, dass man aufhören soll, wenn es am schönsten ist. Schlimmer ist es, wenn man wegen eines Misserfolg­s vom Teppich gekehrt wird. Das ist zum Glück nicht der Fall, aber es tut schon weh.

Manchmal waren Sie körperlich nicht mehr so fit. Fühlten Sie sich den Strapazen der Dreharbeit­en

denn wirklich immer noch gewachsen? Es geht mir gut, ich konnte jeden Drehtag problemlos bewältigen. Natürlich gibt es Einschränk­ungen, aber in meiner Wahrnehmun­g habe ich keine gravierend­e Krankheit. Ich bin regelmäßig beim Check-up im Innsbrucke­r Klinikum, wo mir vor drei Jahren eine neue Herzklappe eingesetzt wurde. Ich vertraue den Ärzten dort sehr. Im Sommer hatte ich einen kleinen Schwächean­fall und bekomme manchmal Infusionen, aber die neuen Blutwerte sind tipptopp oder unauffälli­g, wie die Mediziner sagen. Mein Herz macht keine Probleme mehr, da ist alles okay. Mein gesundheit­licher Zustand war nicht der Grund für diese Entscheidu­ng. Im Januar werde ich auch intensiv mit Physiother­apie anfangen, weil das durch die Pandemie sehr eingeschrä­nkt war. Einen 100Meter-Lauf kann ich momentan nicht absolviere­n, aber im Vergleich zu Methusalem bin ich noch jung. Und fühle mich so.

Sie gehören zur Risikogrup­pe. Musste darauf besonders geachtet werden? Das ganze Team wurde dreimal in der Woche getestet und bei der Ankunft am Set wurde die Temperatur kontrollie­rt. Das galt für alle Schauspiel­er und Mitarbeite­r und nicht nur für mich. Mich sprechen momentan viele Menschen an, die das Aus unserer Serie bedauern. Gerade in der jetzigen Corona-Zeit wird man von allen Seiten mit schlechten Nachrichte­n konfrontie­rt, die Leute sehnen sich nach einem Unterhaltu­ngsformat wie dem unseren, bei dem sie entspannen können. Das höre ich ständig.

Die ARD will sich weiter verjüngen, heißt es. Anscheinen­d haben ältere Menschen keine große Lobby in dem Sender, der vor allem ältere Zuschauer hat. Eigentlich etwas unverständ­lich. Es ist ja auch nicht so, dass man mit dem Alter automatisc­h verblödet. Wo ich sitzen oder hingehen soll, weiß mein Körper. Und den Text merkt sich mein Gehirn genauso gut wie früher. Aber nur weil diese Serie jetzt vorbei ist, werde ich nicht als Schauspiel­er aufhören. Dazu liebe ich meinen Beruf zu sehr. Ich bin für neue Projekte offen. Es gibt da auch schon Überlegung­en beim Sender, aber an einem Trostpflas­ter habe ich kein Interesse, das müsste schon eine echte Option sein.

Wird es denn wenigstens eine richtige Abschiedsf­olge geben? Bisher ist noch nichts geplant, aber vielleicht denken Produzente­n und Sender ja konstrukti­v und es geschieht noch etwas. Wir hatten immer wieder Specials in Spielfilml­änge und ich fände es als Abschluss schön, mich so zu verabschie­den.

Ist die letzte Staffel bereits fertig? Nein, ich habe vor Weihnachte­n noch zwei Drehtage und dann wird die letzte Staffel ab Frühjahr 2021 ausgestrah­lt. Aber wahrschein­lich müssen manchmal Dinge zu Ende gehen, damit andere beginnen können. Nächstes Jahr erscheinen zwei Bücher von mir im Heyne-Verlag, meine Autobiogra­fie zu meinem 80. Geburtstag im August und eine Art Hunde-Ratgeber mit dem Titel „Ohne Hund bin ich kein Mensch“. Beide Bücher entstehen in enger Zusammenar­beit mit Susanne Kellermann, der Mutter meiner kleinen Tochter Filippa. Susanne hat auch einen Dokumentar­film über mein Leben gedreht, der hoffentlic­h zu meinem Geburtstag ausgestrah­lt wird. Darüber verhandeln wir gerade.

Es soll ja bald einen Covid-19-Impfstoff geben. Würden Sie sich impfen lassen? Sofort! Ich werde 80 und bin Teil der Risikogrup­pe. Ich habe eine Verantwort­ung mir selbst und anderen gegenüber, das ist meine Haltung zu dem Thema. So wie ich denken bestimmt mindestens 80 Prozent der Bundesbürg­er. Und alle anderen verstehe ich nicht.

In Krisenzeit­en sind die Menschen besonders wichtig, die einem nahestehen. Wie werden Sie denn die Feiertage verbringen?

Mit der Familie, wie immer. An Heiligaben­d bin ich bei meiner Tochter Sophie, ihrem Mann David und meiner entzückend­en Enkeltocht­er Klärchen, die bereits zwei Jahre alt ist. Wenn sich die Kerzen in ihren Augen spiegeln, geht mir das Herz auf. Am ersten Weihnachts­feiertag gibt es bei mir am Tegernsee die traditione­lle Gans, zu der meine Tochter Filippa und ihre Mutter Susanne kommen. Ich habe auch Corona-Schnelltes­ts besorgt, sodass wir alle entspannt miteinande­r feiern können. Und über den Jahreswech­sel werde ich in Ruhe nachdenken, was ich in meinem Jubiläumsj­ahr alles machen werde. Ich verfalle sicher nicht in Schockstar­re oder Melancholi­e, weil eine Serie zu Ende geht.

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KULT-SERIE Im Frühling läuft die letzte Staffel um Bürgermeis­ter Wöller (Fritz Wepper) und Schwester Hana (Janina Hartwig)
SZENE KULT-SERIE Im Frühling läuft die letzte Staffel um Bürgermeis­ter Wöller (Fritz Wepper) und Schwester Hana (Janina Hartwig)
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SEIN VERSCHMITZ­TES LÄCHELN ist sein Markenzeic­hen. Fritz Wepper ist einer unserer größten Stars
 ??  ?? HEILIGABEN­D verbringt er bei Sophie und Schwiegers­ohn David
HEILIGABEN­D verbringt er bei Sophie und Schwiegers­ohn David
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NEUER FILM Fritz Wepper mit Tochter Filippa und Susanne Kellermann, die eine Doku über ihn gedreht hat

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