Fritz Wepper: Das Serien-Aus trifft ihn hart
FRITZ WEPPER wurde ausgemustert, seine Serie „Um Himmels Willen“abgesetzt. Der Schauspieler erklärt, wie sehr ihn das schmerzt und wie es nun weitergeht
MEIN HERZ MACHT MIT DER NEUEN KLAPPE KEINE PROBLEME MEHR
Er ist einer unserer größten Stars und stand schon als Jugendlicher vor der Kamera. Wenn man Fritz Wepper, 79, nach seinen Serien fragt, bekommt man wie aus der Pistole geschossen die Zahlen der Folgen von TV-Kulthits wie „Der Kommissar“(73), „Derrick“(281), „Mord in bester Gesellschaft“(15), „Zwei Brüder“(17) und auch „Um Himmels Willen“(260) serviert. „Mein Gedächtnis funktioniert wie ein Schweizer Uhrwerk“, grinst er dazu. Sein unvergleichlicher Humor hat ihn durchs Leben getragen, über Höhen und Tiefen begleitet. Er ist der Typ alter Zirkusgaul, der am liebsten in der Manege, sprich vor der Kamera, sterben würde. Einer der Letzten seiner Art, den die Fans auch wegen seiner menschlichen Schwächen lieben, aus denen er nie ein Hehl gemacht hat. Seine aktuelle Serie um Bürgermeister Wöller und das Kloster Kaltenthal lockt wöchentlich immer noch fünf Millionen Zuschauer vor den Bildschirm. Doch jetzt ist Schluss. 20 Jahre sind durchaus eine lange Zeit für eine TV-Serie.
Ja, das stimmt schon. Es waren auch mehrere Tausend Drehtage, aber ich hätte mir gewünscht weiterzumachen. Wir hatten jede Woche um die fünf Millionen Zuschauer, auch jüngere Fans, die sich die Folgen in der Mediathek angesehen haben. Die Entscheidung der ARD ist für mich nicht einfach zu ertragen und kam für mich völlig überraschend. Immerhin kamen die Produzenten zu mir an den Tegernsee, um mir persönlich mitzuteilen, dass sie „Um Himmels Willen“beenden wollen. Ich bin ja ein Mensch, der in allem das Positive zu sehen versucht, und dank meiner meditativen Gesinnung kann ich inzwischen mit dem Gedanken leben, dass man aufhören soll, wenn es am schönsten ist. Schlimmer ist es, wenn man wegen eines Misserfolgs vom Teppich gekehrt wird. Das ist zum Glück nicht der Fall, aber es tut schon weh.
Manchmal waren Sie körperlich nicht mehr so fit. Fühlten Sie sich den Strapazen der Dreharbeiten
denn wirklich immer noch gewachsen? Es geht mir gut, ich konnte jeden Drehtag problemlos bewältigen. Natürlich gibt es Einschränkungen, aber in meiner Wahrnehmung habe ich keine gravierende Krankheit. Ich bin regelmäßig beim Check-up im Innsbrucker Klinikum, wo mir vor drei Jahren eine neue Herzklappe eingesetzt wurde. Ich vertraue den Ärzten dort sehr. Im Sommer hatte ich einen kleinen Schwächeanfall und bekomme manchmal Infusionen, aber die neuen Blutwerte sind tipptopp oder unauffällig, wie die Mediziner sagen. Mein Herz macht keine Probleme mehr, da ist alles okay. Mein gesundheitlicher Zustand war nicht der Grund für diese Entscheidung. Im Januar werde ich auch intensiv mit Physiotherapie anfangen, weil das durch die Pandemie sehr eingeschränkt war. Einen 100Meter-Lauf kann ich momentan nicht absolvieren, aber im Vergleich zu Methusalem bin ich noch jung. Und fühle mich so.
Sie gehören zur Risikogruppe. Musste darauf besonders geachtet werden? Das ganze Team wurde dreimal in der Woche getestet und bei der Ankunft am Set wurde die Temperatur kontrolliert. Das galt für alle Schauspieler und Mitarbeiter und nicht nur für mich. Mich sprechen momentan viele Menschen an, die das Aus unserer Serie bedauern. Gerade in der jetzigen Corona-Zeit wird man von allen Seiten mit schlechten Nachrichten konfrontiert, die Leute sehnen sich nach einem Unterhaltungsformat wie dem unseren, bei dem sie entspannen können. Das höre ich ständig.
Die ARD will sich weiter verjüngen, heißt es. Anscheinend haben ältere Menschen keine große Lobby in dem Sender, der vor allem ältere Zuschauer hat. Eigentlich etwas unverständlich. Es ist ja auch nicht so, dass man mit dem Alter automatisch verblödet. Wo ich sitzen oder hingehen soll, weiß mein Körper. Und den Text merkt sich mein Gehirn genauso gut wie früher. Aber nur weil diese Serie jetzt vorbei ist, werde ich nicht als Schauspieler aufhören. Dazu liebe ich meinen Beruf zu sehr. Ich bin für neue Projekte offen. Es gibt da auch schon Überlegungen beim Sender, aber an einem Trostpflaster habe ich kein Interesse, das müsste schon eine echte Option sein.
Wird es denn wenigstens eine richtige Abschiedsfolge geben? Bisher ist noch nichts geplant, aber vielleicht denken Produzenten und Sender ja konstruktiv und es geschieht noch etwas. Wir hatten immer wieder Specials in Spielfilmlänge und ich fände es als Abschluss schön, mich so zu verabschieden.
Ist die letzte Staffel bereits fertig? Nein, ich habe vor Weihnachten noch zwei Drehtage und dann wird die letzte Staffel ab Frühjahr 2021 ausgestrahlt. Aber wahrscheinlich müssen manchmal Dinge zu Ende gehen, damit andere beginnen können. Nächstes Jahr erscheinen zwei Bücher von mir im Heyne-Verlag, meine Autobiografie zu meinem 80. Geburtstag im August und eine Art Hunde-Ratgeber mit dem Titel „Ohne Hund bin ich kein Mensch“. Beide Bücher entstehen in enger Zusammenarbeit mit Susanne Kellermann, der Mutter meiner kleinen Tochter Filippa. Susanne hat auch einen Dokumentarfilm über mein Leben gedreht, der hoffentlich zu meinem Geburtstag ausgestrahlt wird. Darüber verhandeln wir gerade.
Es soll ja bald einen Covid-19-Impfstoff geben. Würden Sie sich impfen lassen? Sofort! Ich werde 80 und bin Teil der Risikogruppe. Ich habe eine Verantwortung mir selbst und anderen gegenüber, das ist meine Haltung zu dem Thema. So wie ich denken bestimmt mindestens 80 Prozent der Bundesbürger. Und alle anderen verstehe ich nicht.
In Krisenzeiten sind die Menschen besonders wichtig, die einem nahestehen. Wie werden Sie denn die Feiertage verbringen?
Mit der Familie, wie immer. An Heiligabend bin ich bei meiner Tochter Sophie, ihrem Mann David und meiner entzückenden Enkeltochter Klärchen, die bereits zwei Jahre alt ist. Wenn sich die Kerzen in ihren Augen spiegeln, geht mir das Herz auf. Am ersten Weihnachtsfeiertag gibt es bei mir am Tegernsee die traditionelle Gans, zu der meine Tochter Filippa und ihre Mutter Susanne kommen. Ich habe auch Corona-Schnelltests besorgt, sodass wir alle entspannt miteinander feiern können. Und über den Jahreswechsel werde ich in Ruhe nachdenken, was ich in meinem Jubiläumsjahr alles machen werde. Ich verfalle sicher nicht in Schockstarre oder Melancholie, weil eine Serie zu Ende geht.