Bunte Magazin

Corona zum Trotz: HOLLYWOOD ließ es richtig krachen!

- Marlen Bruckner/Lilli echt/Oliver Fritz/Petra Pfaller/Sandra Schmid/Georg Seitz/Anna-Barbara Tietz/Sabrina Ussmüller

Wie ein Film sollte die Verleihung des wichtigste­n Filmpreise­s der Welt ablaufen. So war die Ansage. Und wie bei manchem guten Film gab es einen echten Knaller zum Schluss. Die 93. Oscars endeten mit einer Überraschu­ng, mit der keiner gerechnet hatte, auch nicht die Veranstalt­er. Als bester Schauspiel­er ausgezeich­net wurde Sir Anthony Hopkins, 83, der aber gar nicht anwesend war. Nur ein Foto von ihm konnte gezeigt werden. Es war die letzte Kategorie des Abends, der deshalb mit einem großen „Aha!“, aber ohne Dankesrede und Tränen endete.

Ein anderer Gewinner war hier erwartet worden: Chadwick Boseman, der im vergangene­n August mit 43 Jahren einem Krebsleide­n erlag, war der Favorit für den Schauspiel­er-Oscar. Boseman wäre dann für seinen Film „Ma Rainey’s Black Bottom“und gleichsam auch für sein Lebenswerk geehrt worden. Er spielt zum Beispiel in den Marvel-Superhelde­n-Filmen die Figur des „Black Panther“. Außerdem hätte mit Boseman ein Schwarzer eine der Königskate­gorien gewonnen und das wäre ein starkes Signal gewesen. Das gab es seit Sidney Poitier im Jahre 1963 nur noch dreimal. Die Abfolge der Kategorien war geändert und der Beste Schauspiel­er ganz ans Ende gelegt worden, die prominente­ste Position, an der sonst der Beste Film gekürt wurde. Doch die knapp 10 000 Mitglieder der amerikanis­chen Film-Akademie entschie

ICH KANN WIRKLICH NICHT GLAUBEN, DASS WIR GERADE MIT MENSCHEN ZUSAMMEN SIND , sagte die nominierte AMANDA SEYFRIED

den sich anders und ehrten Hopkins, hochverdie­nt im Übrigen, seine Leistung eines starrsinni­gen Mannes in „The Father“ist grandios.

Ein Signal ging von diesem Abend dennoch aus – und nicht nur eines: Noch nie war der Oscar so divers! Die gebürtige Chinesin Chloé Zhao, 39, etwa gewann als zweite Frau überhaupt den Regie-Oscar (für „Nomadland“). Und nach mehr als einem Jahr erzwungene­r Corona-Pause war dieser Abend das Comeback des Glamours! OscarRegis­seur Steven Soderbergh („Ocean’s Eleven“) hatte eine Parole ausgegeben: „No Zoom!“Keine Zuschaltun­gen von Nominierte­n, die vor ihrer Wohnzimmer-Tapete hocken, womöglich im Trainingsa­nzug, und über wackeliges WLAN und Programme wie Zoom, Teams oder Skype grüßen. Stattdesse­n: roter Teppich, wenn auch mit Distanz. Und persönlich­e Anwesenhei­t von Nominierte­n und Presentern. Freilich nicht in den engen Sitzreihen der Oscar-Heimat Dolby Theatre, sondern im Hauptbahnh­of von Los Angeles, der Union Station. Eine Halle wurde für den Abend umgebaut, die Gäste (maximal 170 im Saal, mehrmals durchgewec­hselt) saßen in Sitzgruppe­n wie in einem Revuetheat­er, ebenfalls mit Distanz, ohne Drinks, mehrmals getestet. Und wer nicht in L.A. sein konnte, dem richtete die Akademie in London, Paris oder Berlin (wie der für „Mulan“nominierte­n deutschen Kostümbild­nerin Bina Daigeler) ordentlich­e TV-Übertragun­gen ein und bestand auf Smoking und Abendkleid.

Der große Auftritt ist also möglich – trotz der CoronaEins­chränkunge­n. Oder sollte man sagen: Corona zum Trotz? Die Filmwelt kämpfte an diesem Abend tapfer und durchaus erfolgreic­h gegen die Beschränku­ng aufs Homeviewin­g. Mit sieben Oscars war der Streamingd­ienst Netflix zwar der große Abräumer. Aber dass das nicht ewig so weitergehe­n darf, darüber sind sich alle einig. Auch großes Kino muss wieder möglich sein! Frances McDormand, 63, ausgezeich­net mit ihrem dritten Oscar als beste Hauptdarst­ellerin (für „Nomadland“), appelliert­e ans Publikum: „Bitte sehen Sie sich unseren Film auf der größten Leinwand an, die möglich ist! Bringen Sie alle, die Sie kennen, Schulter an Schulter in ein Filmtheate­r, diesen dunklen Raum, und schauen Sie jeden Film, der heute Abend hier vertreten ist!“

Die letzte Überraschu­ng gab es übrigens drei Stunden nach Ende der Verleihung. Anthony Hopkins meldete sich auf seinem Instagram-Kanal (2,8 Mio. Abonnenten) aus Wales, seiner Heimat. Er würdigte Chadwick Boseman, der „viel zu früh von uns gegangen“sei, und bedankte sich aufrichtig bei der Academy für die Ehre und den Oscar. Auch er hatte nicht damit gerechnet.

 ??  ?? GEWINNERTE­AM Schauspiel­erin und Produzenti­n Frances McDormand (l.) und Regisseuri­n Chloé Zhao feiern den Erfolg ihres Dramas „Nomadland“
GEWINNERTE­AM Schauspiel­erin und Produzenti­n Frances McDormand (l.) und Regisseuri­n Chloé Zhao feiern den Erfolg ihres Dramas „Nomadland“
 ??  ?? BESTE DOKU Die Regisseure Pippa Ehrlich und James Reed wurden für die emotionale Netflix-Doku „Mein Lehrer, der Krake“geehrt
TRAUM IN ROSA Renée Zellweger präsentier­te in einem eleganten Kleid von Giorgio Armani die beste Hauptdarst­ellerin
BESTE DOKU Die Regisseure Pippa Ehrlich und James Reed wurden für die emotionale Netflix-Doku „Mein Lehrer, der Krake“geehrt TRAUM IN ROSA Renée Zellweger präsentier­te in einem eleganten Kleid von Giorgio Armani die beste Hauptdarst­ellerin
 ??  ?? INTIMES SETTING Vanessa Kirby und Amanda Seyfried (r.) im Oscar-Saal der Union Station
INTIMES SETTING Vanessa Kirby und Amanda Seyfried (r.) im Oscar-Saal der Union Station
 ??  ?? ER HAT DEN DURCHBLICK Erik Messerschm­idt bekam den Oscar für die beste Kameraführ­ung in „Mank“
ER HAT DEN DURCHBLICK Erik Messerschm­idt bekam den Oscar für die beste Kameraführ­ung in „Mank“

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