Corona zum Trotz: HOLLYWOOD ließ es richtig krachen!
Wie ein Film sollte die Verleihung des wichtigsten Filmpreises der Welt ablaufen. So war die Ansage. Und wie bei manchem guten Film gab es einen echten Knaller zum Schluss. Die 93. Oscars endeten mit einer Überraschung, mit der keiner gerechnet hatte, auch nicht die Veranstalter. Als bester Schauspieler ausgezeichnet wurde Sir Anthony Hopkins, 83, der aber gar nicht anwesend war. Nur ein Foto von ihm konnte gezeigt werden. Es war die letzte Kategorie des Abends, der deshalb mit einem großen „Aha!“, aber ohne Dankesrede und Tränen endete.
Ein anderer Gewinner war hier erwartet worden: Chadwick Boseman, der im vergangenen August mit 43 Jahren einem Krebsleiden erlag, war der Favorit für den Schauspieler-Oscar. Boseman wäre dann für seinen Film „Ma Rainey’s Black Bottom“und gleichsam auch für sein Lebenswerk geehrt worden. Er spielt zum Beispiel in den Marvel-Superhelden-Filmen die Figur des „Black Panther“. Außerdem hätte mit Boseman ein Schwarzer eine der Königskategorien gewonnen und das wäre ein starkes Signal gewesen. Das gab es seit Sidney Poitier im Jahre 1963 nur noch dreimal. Die Abfolge der Kategorien war geändert und der Beste Schauspieler ganz ans Ende gelegt worden, die prominenteste Position, an der sonst der Beste Film gekürt wurde. Doch die knapp 10 000 Mitglieder der amerikanischen Film-Akademie entschie
ICH KANN WIRKLICH NICHT GLAUBEN, DASS WIR GERADE MIT MENSCHEN ZUSAMMEN SIND , sagte die nominierte AMANDA SEYFRIED
den sich anders und ehrten Hopkins, hochverdient im Übrigen, seine Leistung eines starrsinnigen Mannes in „The Father“ist grandios.
Ein Signal ging von diesem Abend dennoch aus – und nicht nur eines: Noch nie war der Oscar so divers! Die gebürtige Chinesin Chloé Zhao, 39, etwa gewann als zweite Frau überhaupt den Regie-Oscar (für „Nomadland“). Und nach mehr als einem Jahr erzwungener Corona-Pause war dieser Abend das Comeback des Glamours! OscarRegisseur Steven Soderbergh („Ocean’s Eleven“) hatte eine Parole ausgegeben: „No Zoom!“Keine Zuschaltungen von Nominierten, die vor ihrer Wohnzimmer-Tapete hocken, womöglich im Trainingsanzug, und über wackeliges WLAN und Programme wie Zoom, Teams oder Skype grüßen. Stattdessen: roter Teppich, wenn auch mit Distanz. Und persönliche Anwesenheit von Nominierten und Presentern. Freilich nicht in den engen Sitzreihen der Oscar-Heimat Dolby Theatre, sondern im Hauptbahnhof von Los Angeles, der Union Station. Eine Halle wurde für den Abend umgebaut, die Gäste (maximal 170 im Saal, mehrmals durchgewechselt) saßen in Sitzgruppen wie in einem Revuetheater, ebenfalls mit Distanz, ohne Drinks, mehrmals getestet. Und wer nicht in L.A. sein konnte, dem richtete die Akademie in London, Paris oder Berlin (wie der für „Mulan“nominierten deutschen Kostümbildnerin Bina Daigeler) ordentliche TV-Übertragungen ein und bestand auf Smoking und Abendkleid.
Der große Auftritt ist also möglich – trotz der CoronaEinschränkungen. Oder sollte man sagen: Corona zum Trotz? Die Filmwelt kämpfte an diesem Abend tapfer und durchaus erfolgreich gegen die Beschränkung aufs Homeviewing. Mit sieben Oscars war der Streamingdienst Netflix zwar der große Abräumer. Aber dass das nicht ewig so weitergehen darf, darüber sind sich alle einig. Auch großes Kino muss wieder möglich sein! Frances McDormand, 63, ausgezeichnet mit ihrem dritten Oscar als beste Hauptdarstellerin (für „Nomadland“), appellierte ans Publikum: „Bitte sehen Sie sich unseren Film auf der größten Leinwand an, die möglich ist! Bringen Sie alle, die Sie kennen, Schulter an Schulter in ein Filmtheater, diesen dunklen Raum, und schauen Sie jeden Film, der heute Abend hier vertreten ist!“
Die letzte Überraschung gab es übrigens drei Stunden nach Ende der Verleihung. Anthony Hopkins meldete sich auf seinem Instagram-Kanal (2,8 Mio. Abonnenten) aus Wales, seiner Heimat. Er würdigte Chadwick Boseman, der „viel zu früh von uns gegangen“sei, und bedankte sich aufrichtig bei der Academy für die Ehre und den Oscar. Auch er hatte nicht damit gerechnet.