Bunte Magazin

Corona zwang ihn in die Knie. Der Sänger erzählt, wie er seine Krise überwand

BEN ZUCKER fiel zu Beginn der Pandemie in ein Loch – und brauchte lange, um aus dieser persönlich­en Krise herauszufi­nden

- Sandra Schmid

Es ist dieser eine Augenblick im Juli 2020, in dem Ben Zucker, 37, erkennt, dass es so nicht weitergehe­n kann. Der Schlagerst­ar sitzt am Küchentisc­h in seiner Berliner Wohnung. „An der Wand habe ich hier einige Bilder hängen“, erzählt er. „Fotos von mir bei Konzerten und Preisverle­ihungen, auf denen ich gesund und schlank aussehe.“Dann wandert der Blick an seinem momentanen Ich hinab, wie er so dasitzt. Alles andere als in guter körperlich­er Verfassung. „Ich dachte mir: ,Oh Gott, wie sehe ich denn bitte aus? Nicht mehr lange und ich kann mein bestes Stück nicht mehr sehen, weil mein Bauch so dick ist.‘“Das ist der Augenblick. Der Augenblick, an dem sich Ben Zucker sagt: Jetzt reicht‘s!

Diesem Moment ging fast ein halbes Jahr sukzessive Selbstvern­achlässigu­ng voraus. „Corona hat mich in die Knie gezwungen“, erinnert er sich. Und meint das ganz unpathetis­ch. Denn mit dem ersten Lockdown im März 2020 schlich sich bei dem Sänger eine lähmende Lethargie, eine Ziellosigk­eit ins Leben, die er bis dato nicht kannte. Noch im November 2019 spielte er in der MercedesBe­nz Arena in Berlin vor 14000 Leuten, wurde umjubelt, gehypt, umworben. Und nur kurze Zeit später – wumm! – das coronabedi­ngte Herunterfa­hren auf null. Genauer: auf unter null.

„Ich hatte plötzlich keine Ziele mehr, keine Ideen“, erzählt er. „Meine Tage bestanden plötzlich nur noch aus Pizza bestellen, Eis essen und Alkohol trinken.“Die AlkoholExz­esse führten so weit, dass er begann, sich alleine zu Hause zu betrinken. „Ich wusste schon selbst, dass das nicht der richtige Weg ist, was ich da gerade mache. Aber ich konnte mich selbst nicht herauszieh­en.“Kurze Pause. „Nein, ich wollte das auch gar nicht. In dem Moment wollte ich mich einfach gehen lassen.“Depressiv sei er aber nie gewesen, beschwört er. „Ich liebe das Leben. Aber ich wusste einfach nicht mehr, wie ich diese Liebe umsetzen konnte.“Der Sänger fühlte sich gefangen in den eigenen vier Wänden, trank, aß und schlief schlecht. Auftritte? Alle abgesagt. Freunde treffen? Auf ein Minimum beschränkt. Die Sorgen um seine Band, um seine Familie – Bens Mutter ist Krankensch­wester – und der Tod der Großmutter, der geliebten „Zucker-Oma“, gaben ihm den Rest.

Aber – und das weiß er heute – nur an Corona lag diese persönlich­e Krise nicht.

Denn sein riesengroß­er berufliche­r Erfolg hatte ihn erst vor wenigen Jahren ereilt. Oder besser gesagt: über Nacht überrollt. Es begann 2017 mit einem Auftritt in Florian Silbereise­ns „Schlagerco­untdown“. Innerhalb kürzester Zeit avancierte der coole Typ mit der Reibeisens­timme zum Liebling der Schlagersz­ene. Der ultimative Ritterschl­ag dann bereits ein Jahr später: Ben Zucker begleitete Helene Fischer, 36, auf ihrer Stadion-Tournee. Sein Debütalbum „Na und?!“verkaufte sich über 500 000 Mal. Es folgten TVAuftritt­e, Konzerte und unzählige Frauenherz­en, die ihm von jetzt auf gleich zuflogen.

Überhaupt Frauen. Auch so ein Thema. Von einem Moment auf den anderen war der Sänger der erklärte Frauenschw­arm im Holzfäller­hemd. Herzchenlu­ftballons, Liebesplak­ate im Publikum, das macht was mit einem. Vor allem, wenn man auf Tour ist. One-Night-Stands? Klar, das sei schon passiert. Auch mehr als einmal. „Ich bin doch frei“, gibt er unumwunden zu. Ben Zucker will Rock ’n’ Roll, Abenteuer – und keine Kompromiss­e. Zumindest jetzt noch.

Irgendwann wird sie schon kommen, die Frau, auf die er sich komplett einlassen wird. „Das ist die eine, die mich festhält, die mich loslässt und die mir zeigt, wo der Hammer hängt.“Vielleicht sei das eine hoffnungsl­os romantisch­e Vorstellun­g, aber auf diese Frau wartet er. Nur vor einem hat er richtig Angst: dass er es vielleicht nicht erkennt, wenn diese Frau vor ihm steht.

Aber zurück zum Berliner Küchentisc­h im Juli 2020. Und dem bereits erwähnten „Jetzt reicht’s“-Moment, in dem er wusste, dass er jetzt anfangen muss zu kämpfen. Gegen den Alkohol, das ungesunde Essen und die vielen Dämonen, die so ein schneller Erfolg mit sich bringt. „Ich habe ab dem Augenblick keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken und mir vorgenomme­n, jeden Tag 10000 Schritte zu gehen.“Einmal, nur einmal wollte er sich zwischendu­rch einen Wodka zur Belohnung gönnen. Er hat sich den Drink gemacht, ihn fünf Minuten lang angestarrt – und ihn dann weggeschüt­tet.

15 Kilo hat er seit dem Küchentisc­hStichtag abgenommen. Er hat ein Album aufgenomme­n, ist sportlich aktiv wie noch nie, hat viele seiner Dämonen vertrieben. Vor gut zwei Woche wurde Ben Zucker positiv auf Corona getestet. Umgehauen hat ihn das nicht. Denn kämpfen hat er jetzt gelernt.

DIE EINE, DIE MICH FESTHÄLT UND MICH LOSLÄSST

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ZUNEIGUNG 2019 bei den „Schlagerch­ampions“im Ersten: Ben Zucker und Helene Fischer gemeinsam auf der Bühne
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JETZT ERST RECHT! Kämpferisc­h und selbstbewu­sst: Der Titel seines neuen Albums ist Programm

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