Die Messlatte hängt hoch: die WELT RETTEN – oder zumindest besser machen
Millionenbetrag. 90 Prozent des Geldes will die Glückliche nun verschenken – „an die Gesellschaft zurückgeben“, wie sie sagt. Das, so begründet sie in einem Interview mit dem österreichischen „Standard“, sei eine „Frage der Fairness“, denn sie habe „nichts getan für dieses Erbe. Das ist pures Glück im Geburtslotto und reiner Zufall“.
„Geld allein macht weder meine Freiheit noch mein Glück aus“, sagt die Erbin. Zudem habe sie dafür „keinen Tag gearbeitet“und zahle in Österreich keine Steuern. „Besteuert mich endlich“, verlangt die junge Frau. Ihre Idee mag viele Menschen irritieren, besonders all jene, die alle Tricks nutzen, um ihre Steuerlast zu reduzieren. Nehmt uns unser Geld weg! Dazu ruft auch die Erbin Christina Hansen auf. Die Millionärin, , hat den Brief der Vereinigung Millionaires for Humanity unterschrieben, in dem 90 Reiche aus sieben Ländern höhere Steuern fordern.
Als einen Einzelfall, „eine wirkliche Besonderheit“, sieht Soziologie-Professor Michael Hartmann diese Erben. „Zwar gibt es inzwischen einige junge Millionäre, die ihr Erbe vor allem in Klima- oder Umweltprojekte stecken, aber die Forderung, der Staat solle sie höher besteuern, ist die Ausnahme. Die meisten wollen etwas Sinnvolles tun, aber selbst entscheiden, was sinnvoll ist.“
Antonis Schwarz gehört zu denen, die ihr Erbe zwar teilen, aber nicht die Macht über ihr Geld abgeben wollen. Sein Urgroßvater und dessen Sohn gründeten das Unternehmen nach dem Krieg, vor 15 Jahren verkaufte die Familie den Pharmakonzern für 4,4 Mrd. Euro. Antonis, damals 18 Jahre alt, war plötzlich steinreich. Über die Summe auf seinem Konto schweigt er, aber es sei genug, um nie arbeiten zu müssen und eine Million im Jahr für Philanthropie ausgeben zu können. Oder auch – wie im Februar – den Grünen eine Rekordspende von einer halben Million Euro zu überweisen.
Deutschland ist ein Paradies für Erben: 28396 Superreiche besitzen jeweils mehr als 30 Mio. Euro, so der aktuelle „Frank Knight“-Reichenreport. Zwei Drittel dieser Glücklichen kamen durch Erbschaft zu ihrem Geld. Wer derart unverdient reich werde, müsse Gutes bewirken. Die Pioniere dieser Moral kommen vor allem aus Amerika. Justin Rockefeller und Liesel Pritzker Simmons versammeln in ihrem Netzwerk „The ImPact“Gleichgesinnte, die ihr Geld zwar durchaus gewinnbringend investieren wollen, aber ausschließlich in Firmen, die ihre Werte vertreten. Und die Messlatte liegt hoch: die Welt retten – oder zumindest neu und besser ordnen. Mit diesem Anspruch gründete auch Pharma-Erbe Schwarz 2016 die Guerrilla Foundation, in der Marlene Engelhorn gerade ein Praktikum absolviert. Was nach Revolution klingt, ist auch so gemeint. „Radikal teilen“, wie es die Erbin plant, oder wenigstens in Zukunftsprojekte investieren.
Mit ihrer Mission treten die Edel-Guerillas aus der schützenden Anonymität ihrer Familien heraus. Plötzlich kennt man die Gesichter der reichen Clique. „Die Eltern werden in den seltensten Fällen begeistert sein“, vermutet Eliteforscher Hartmann, „denn ihre Diskretion hatte den Vorteil, dass niemand Fragen über die Herkunft ihres Reichtums stellen kann“.
Jung-Millionärin Engelhorn lässt Zweifel an ihrem Tun nicht gelten. Sie habe das „konsequent zu Ende gedacht“. Auch werde sie nichts bereuen, glaubt sie. Denn Geld brauche sie nur, um ihre Grundbedürfnisse abzudecken – und für „die eine oder andere Freude“.
DISKRETION HAT EINEN VORTEIL: NIEMAND STELLT FRAGEN
MICHAEL HARTMANN