Esther Sedlaczek:
Das Mutterglück hat das Leben der neuen „Sportschau“-Moderatorin verändert
Von einem Mann will sie nie abhängig sein
Geduld und Liebe“heißt ihr Lebensmotto, es steht in Hebräisch auf ihrem Arm. Ihr Lebensmotto passt auch auf ihre Karriere. Esther Sedlaczek, 35, weiß alles über Fußball und ist das neue Gesicht der „Sportschau“: Die Wahl-Münchnerin wird schon bei der EM für die ARD im Einsatz sein, wenn sie den „Sportschau-Club“nach den Spielen moderiert. Wer ist die Frau, die 2019 einen jüdischen Geschäftsmann heiratete und sich sehr für jüdisches Leben und Kultur interessiert? BUNTE sprach mit der Mutter einer Tochter.
Können Frauen Fußball besser erklären? Das glaube ich nicht, das wäre auch unfair gegenüber den Männern. Jeder hat seinen eigenen Stil. Wir Frauen bauen natürlich auf der Pionierarbeit von Monica Lierhaus auf, der ersten „Sportschau“-Moderatorin. Für mich war sie ein Vorbild. In meiner jugendlichen Leichtigkeit habe ich schon mit zwölf gesagt, dass ich Reporterin werden will. Ich habe meine Mutter gezwungen, mit mir zu Hertha BSC zu gehen.
Ist Ihre Mutter der wichtigste Mensch in Ihrem Leben?
Auf jeden Fall einer der wichtigsten! Sie arbeitet auch beim Fernsehen, aber hinter der Kamera. Sie ist in vielen Dingen mein Vorbild, weil sie als Alleinerziehende ganz viel geleistet hat. Sie war keine Helikopter-Mutter, hat mich hinfallen und wieder aufstehen lassen. „Esther, du gehst deinen Weg“– das hat sie mir immer als Ermutigung gesagt. Als Mutter einer zweijährigen Tochter weiß ich, wie schwer Loslassen fällt.
Ihren Vater, Schauspieler Sven Martinek, haben Sie erst mit 16 Jahren kennengelernt. Ja, aber daran hatte ich nicht zu knabbern – ich hatte eine sehr schöne und glückliche Kindheit. Er ist heute eher ein Freund als ein Vater für mich. Ich schätze ihn als tollen Großvater und wunderbaren Menschen.
Wie hat das Muttersein Ihr Leben verändert? Ich kenne Frauen, die total im Muttersein aufgehen, andere wollen sich weiterhin im Beruf verwirklichen. Ich habe meinen Job nach drei Monaten Babypause noch mehr genossen, weil ich weiß, dass es da etwas Größeres in meinem Leben gibt und zu Hause auf mich wartet. Ich ärgere mich nicht über ein Interview, wenn ich meine kleine Tochter ins Bett bringe. Die Prioritäten haben sich verändert.
Ist die Familienplanung schon abgeschlossen? Nein. Mein Traum ist es, noch mehr Kinder zu bekommen. Aber auch dann werde ich weiterarbeiten. Beruflicher Erfolg und privates Glück schließen sich für mich überhaupt nicht aus. Natürlich ist das wahnsinnig anstrengend, aber man wächst an seinen Aufgaben. Vor allem, wenn man wie ich den richtigen Partner hat, der sich engagiert an der Erziehung beteiligt.
Sie waren vor Ihrer Ehe auch mal mit Nationaltorwart Kevin Trapp liiert, haben Sie dadurch Profifußball besser verstanden?
Gar nicht. Wie jemand privat tickt, bringt dir beruflich wenig. Ich war und bin ja ständig mit Trainern und Managern in Kontakt. Als Journalistin, nicht als Spielerfrau. Viele wussten gar nicht, dass ich mit Kevin zusammen war. Die Schublade Spielerfrau hat sich daher für mich nie geöffnet. Aber wo die Liebe hinfällt …
Wie wurden Sie von den Spielern und Trainern behandelt?
Nie herablassend. Immer mit Respekt. Es gab nie ein Interview, bei dem ich das Gefühl hatte, ich werde nicht ernst genommen, weil ich eine Frau bin. Das kann sich auch keiner mehr leisten. Natürlich gibt es unter den Fans Fußballmachos, die unter dem Schutz der Anonymität im Netz ihren Sexismus absondern. Einer schrieb mir zum Beispiel nach der Geburt meiner Tochter: „Gut, dass du bald wieder am Herd stehst.“Dann stellte ich mir die Frage: Ärgere ich mich oder tut mir der Mann leid?
Sie haben Medien und Mode studiert, hätten also nicht beim Fußball landen müssen. Ja, aber Mode ist nicht so mein Ding. Als Model hätte ich mich auch nicht geeignet, trotz meiner Größe von 1,83. Ich habe immer gern gegessen und bin zufrieden mit meiner Figur. Ich wollte nie, dass jemand über mich urteilt: zu wenig Brust, zu viel Po, Taille zu breit oder, oder, oder.
Sie haben auch ein Jahr auf Sri Lanka gelebt. Ja, ich habe Kindern Englischunterricht gegeben. Ein Jahr nach dem Tsunami. Eine tolle Erfahrung, es hat mich geerdet und meinen Horizont erweitert. Die Leute haben in Holzhütten gelebt, weil ihre Häuser zerstört waren. Sie kamen immer mit einem Lächeln raus. Immer mehr, immer mehr – so wie wir in Europa oft leben –, das fühlt sich für mich nicht richtig an.
Sind Sie eine Feministin? Ich würde mich nicht so bezeichnen, aber ich bin natürlich für Gleichberechtigung. Meine Mutter hat mir immer gesagt: „Geh deinen Weg. Verdien dein Geld. Sei nie abhängig von einem Mann.“Hab ich hingekriegt. Ich bin aber auch für gute alte Rituale: Beim Heiratsantrag ging mein Mann vor mir auf die Knie.
Braucht der Fußball noch mehr Frauen an den Schaltstellen der Macht? Aber ja. Da gibt es Nachholbedarf. Warum soll es keine Trainerin geben, keine Präsidentin, keine Sportvorständin, keine Managerin?
MEIN VATER SVEN IST EHER EIN FREUND FÜR MICH ALS EIN VATER BEIM HEIRATSANTRAG GING MEIN MANN VOR MIR AUF DIE KNIE