STEIGT DIE BERLINALE JETZT IMMER IM SOMMER?
Die Stimmung ist großartig, das Wetter spielt mit, die Gäste kommen in luftigen Outfits statt im Wintermantel: Die Sommer-Berlinale ist ein Erfolg für die Festival-Direktoren Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian.
Wäre es nicht schön, die Berlinale immer im Sommer zu veranstalten?
Carlo Chatrian: Glauben Sie wirklich? Wir sind glücklich, dass wir dieses SummerSpecial haben, aber diese Jahreszeit ist im Grunde nicht gut, um Menschen in die Kinos zu locken. Ich weiß das aus Locarno, wo ich Festival-Direktor war. Das findet im August statt und es war eine riesige Anstrengung, Menschen an einem heißen Nachmittag in die Kinos zu holen.
Mussten Sie mit den Behörden sehr um die Sommer-Berlinale kämpfen?
Mariette Rissenbeek: Nein, ganz im Gegenteil. Sowohl die Kultur-Staatsministerin als auch die Stadt Berlin sagten uns: „Es ist sehr wichtig, dass die Berlinale stattfindet. Wir unterstützen euch auf allen Ebenen!“
Wir vermissten die Stars des Eröffnungsfilms. Warum kamen Jodie Foster und Benedict Cumberbatch nicht?
Chatrian: Wir hätten sie sehr gerne begrüßt, aber das internationale Reisen ist noch immer schwierig. Bei der Vorbereitung des Summer-Specials standen wir irgendwann vor der Frage, ob wir es auch veranstalten wollen, wenn manche der Filmemacher*innen und Stars nicht nach Berlin kommen können. Die Alternative wäre gewesen, die Berlinale komplett abzusagen.
Corona verändert alles, heißt es. Was bedeutet das für das Kino?
Rissenbeek: Ich glaube, die Menschen werden sehr viel genauer auswählen, wofür sie ins Kino gehen. Sie sind es inzwischen gewohnt, Filme online anzusehen. Umso wichtiger ist es, dass Kinos attraktives Programm bieten. Das ist ein Ansporn für uns, wir wollen gerade auch das jugendliche Publikum für das Kino und für Filmfestivals begeistern.
Der Himmel über Berlin verdunkelt sich, es heißt: Film ab! Und die ganze Stadt versinkt in einen Rausch des Glücks: Das Kino ist zurück! Grandioser Startschuss für das kulturelle Wiedererwachen ist die 71. Berlinale, die statt im Februar, wie üblich, nun als „Summer-Special“und komplett als Open Air steigt. Das ist die wichtigste der vielen Maßnahmen, um jeder Corona-Gefahr vorzubeugen. 16 Freiluftkinos, verteilt über Berlin, locken zwölf Tage lang 65000 Filmfans an. Zentraler Spielort ist die Museumsinsel, auf der das Festival vor historischer Kulisse mit dem bewegenden Guantanamo-Drama „Der Mauretanier“ (mit Jodie Foster) eröffnet wurde. 450 Gäste, gesetzt im Schachbrettmuster und alle mit tagesaktuellem Negativ-Test. Der übliche Empfang hinterher wurde pandemiebedingt gestrichen. Wie alle großen Partys, für die die Berlinale berühmt ist. Wenn es die Situation erlaubt, gibt’s einen kleinen, feinen Cocktail wie beim Schloss Charlottenburg zur Premiere von „Ich und die Anderen“(ab 29.7. auf Sky). Auch hier: Open Air. Und wer keinen Negativ-Test vorweisen konnte, musste ihn in der Orangerie nachholen. Aber klagen darüber? Ach, wo! Dafür ist das sieben Monate lang vermisste Kino-Glück viel zu groß.