Die Ex-Frau von Oskar Lafontaine über ihr Leben seit der Trennung
war 20 Jahre mit Ex-SPDChef Oskar Lafontaine verheiratet. Mit BUNTE sprach sie über die Liebe, ihre Wahlfamilie und verrät, was sie von Sahra Wagenknecht hält
Es gab oft Vorurteile gegen Christa Müller, 65. Die Hotelierstochter aus Frankfurt am Main schwimmt halt gern gegen den Mainstream. Sie heiratete 1993 nach fünf Jahren Beziehung mit 37 den damaligen Ministerpräsidenten des Saarlandes, Oskar Lafontaine, 77. Für ihn war es die dritte Ehe. An seiner Seite erfüllte die Diplom-Betriebswirtin und -Volkswirtin ihre Aufgaben als First Lady, hielt aber auch mit ihrer politischen Meinung und ökonomischen Expertise nie hinterm Berg. Sie galt als aufstrebendes Talent in der SPD, schrieb Bücher, arbeitete an Parteiprogrammen mit. In der repräsentativen Villa im toskanischen Stil in der saarländischen Kleinstadt Wallerfangen empfingen die Lafontaines Politiker und Wirtschaftsbosse, Christa Müller war auf Augenhöhe dabei, ihre Meinung zählte.
Doch als 1997 ihr Sohn Carl-Maurice, 24, zur Welt kam, und Oskar Lafontaine 1999 als Finanzminister im Kabinett Schröder unerwartet von allen Ämtern zurücktrat, rutschte sie in die klassische Hausfrauenrolle. Pflegte erst seine Mutter, dann ihre Mutter zu Hause. Er stieg mit seinem Eintritt in die Linkspartei dagegen schnell wieder ins politische Geschäft ein. „Meine Zeit an Oskars Seite habe ich trotzdem nie als Opfer empfunden. Es war erfüllend, im politischen Zentrum zu stehen, bedeutsame Gäste zu empfangen, interessante Menschen zu treffen“, betont Christa Müller im Gespräch mit BUNTE. Sie erinnert sich an wenig Streit. „Oskar und ich waren uns über die Rollenvertei
ICH HABE IN DER ZEIT AN OSKARS SEITE VIEL ERLEBT, ABER WENIG ERREICHT
MEINE FAMILIE IST MIR WICHTIGER, ALS ES EINE KARRIERE JE HÄTTE SEIN KÖNNEN
lung zu Hause einig und hatten auch meist dieselben politischen Vorstellungen.“
Trotzdem zerbrach die Ehe 2011. Lafontaine hatte sich in seine Parteikollegin Sahra Wagenknecht, 51, verliebt. Womöglich hätte er seine Familie trotzdem nicht verlassen, doch Müller wollte nicht mit einem Mann verheiratet bleiben, der ein Doppelleben führt. „Das kam für mich keine Sekunde infrage“, betont sie. Das Paar
ließ sich 2013 scheiden. „Oskar war sehr großzügig. Aber natürlich gibt es im Rahmen einer Scheidung, bei der es um hohe Vermögenswerte geht, auch Streit ums Geld“, erklärt sie. „Oskar wollte frei sein für sein neues Leben, ich habe ihm keine Steine in den Weg gelegt.“
Sie behielt das große Anwesen am Waldrand. Beim BUNTE-Shooting in ihrem parkähnlichen Garten wirkt sie immer noch fast mädchenhaft zart. Dreimal die Woche trainiert die 65-Jährige im Fitnessstudio. Ihr Gesicht trägt keine Spuren von Verbitterung oder Wut. Gegen eine jüngere Frau ausgetauscht zu werden, nachdem sie ihr Leben der Familie gewidmet hatte, war schmerzhaft. „Aber ich bin ein Mensch, der nach vorne blickt, nicht zurück. Heute habe ich ein sehr entspanntes Verhältnis zu Oskar. Und auch die Ansichten seiner Frau in Talkshows kann ich sehr oft sogar teilen.“
Einige Zeit nach der Scheidung verliebte sich Christa Müller ebenfalls neu, in einen Geschäftsmann, mit dem sie viel Zeit in dessen Haus in Südfrankreich verbrachte. Doch nach fünf Jahren ging das Paar wieder getrennte Wege. „Ich kann noch nicht in Rente gehen, auch wenn es in einer wunderschönen Umgebung ist“, erklärt sie. „Ich brauche noch Aufgaben im
Leben und die habe ich hier bei meiner Familie und meinem Verein ‚(I)ntact‘. Hier werde ich gebraucht und kann noch viel bewirken.“Seit mehr als 25 Jahren kämpft sie gegen die Genitalverstümmelung von Mädchen in Afrika, hat dort sehr viel erreicht. „Ich finde, ich habe politisch in meinem Leben im Grunde wenig bewegt, jetzt versuche ich, mit privatem Engagement noch möglichst viel zu verändern.“Sie fliegt nicht mehr, bewirtschaftet ihren Garten ökologisch, vermeidet Plastik, ernährt sich vegan.
Heute ist Christa Müller, die mit 40 erst Mutter wurde, in eine große Wahlfamilie eingebunden. Gemeinsam mit ihrem Sohn Carl-Maurice verwaltet sie ihre Immobilien. Und auch Lafontaines Sohn aus zweiter Ehe, Frederic
Lafontaine, 39, wohnt in ihrer Nähe. Er hat eine eigene Firma und drei Kinder, der
Kontakt ist eng. „Meine Enkel sind zwei, vier und sechs Jahre alt, die halten mich auf Trab“, sagt sie lächelnd. Wenn die drei Kinder fröhlich bei ihr im Garten spielen, sage sie oft zu Frederics Frau: „In welchem Büro könnte jetzt im Moment eine wichtigere Aufgabe auf dich warten als hier?“Mit solchen Aussagen eckt sie an. Nach wie vor ist sie der Meinung, dass Frauen, die für die Familie im Beruf pausieren, besser unterstützt werden sollten. „Ich finde, man muss respektieren, dass Mütter sich den Kindern oft verbundener fühlen und meist mehr Verantwortung
für die Erziehung übernehmen als Väter. Warum sollen sie dafür mit finanziellen Einbußen und Altersarmut bestraft werden?“Lange kämpfte sie deshalb politisch für ein Erziehungsgehalt. Als Kritik an Karrierefrauen sieht sie das nicht. „Nur wird immer von den Frauen in Aufsichtsräten und DAX-Vorständen gesprochen. Aber was es für Kassiererinnen oder Verkäuferinnen bedeutet, die Vollzeit arbeiten sollen und sich nebenbei noch um ihre Kinder kümmern wollen und müssen, bedenkt niemand.“
Und zu ihrem eigenen Engagement in ihrer Familie sagt sie: „Diese Arbeit ist doch nicht weniger anstrengend oder weniger wertvoll für die Gesellschaft. Weder für Oskar noch für mich wäre es infrage gekommen, unser Kind mit einem Jahr in die Krippe und unsere Mütter im Alter sofort ins Heim zu geben. Auch wenn es für mich eine harte Zeit war, bin ich froh, sie daheim betreut zu haben.“
Ihre Ehe behält sie in guter Erinnerung. „In manchen Momenten fehlt mir Oskar sogar noch. Zum Beispiel, wenn ich ein Buch lese und mich mit niemandem so darüber austauschen kann wie mit ihm früher.“Zwar fühlt sie sich nicht einsam, trotzdem ist sie offen für die Liebe. „Aber ich suche nicht danach. Ich brauche keinen Mann, um glücklich zu sein.“In ihrem großzügigen Wohnzimmer mit phänomenalem Blick in die Natur tankt Christa Müller täglich neue Energie. Es gibt noch viel Raum in ihrem Haus und ihrem Leben für ein neues Kapitel.