Bittere Tränen vor Gericht um ihren Sohn
STEPHANIE VON PFUEL traf im Prozess auf den Mann, der ihr Kind mit viel zu hoher Geschwindigkeit mitten in Berlin tödlich überfahren hat – und bis heute wenig Reue zeigt
Der Prozess um den Unfalltod von Charly Bagusat († 26) vor dem Amtsgericht Berlin ließ die Beobachter tieftraurig und fassungslos zurück. Der Angeklagte, 25, wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten und 100 Sozialstunden verurteilt. Seinen Führerschein durfte er behalten. „Es geht hier nicht um eine Sache, die verhandelt wird, sondern um ein Menschenleben und eine Familie, die in tiefer Trauer ist“, sagte Charlys Mutter, Stephanie von Pfuel, 60, zu BUNTE. Nur war auf Seiten der Verteidigung keinerlei Respekt gegenüber Charly Bagusat, der tödlich überfahren wurde, zu spüren.
Was genau war damals passiert? Der Fahrer wollte den Mercedes S500 (456 PS) eines Bekannten säubern und fuhr auf eine Tankstelle. Er ärgerte sich, dass alle Waschplätze belegt waren und drückte mit nur einer Hand am Steuer das Gaspedal durch. Der Wagen beschleunigte in Sekundenschnelle auf 82 km/h und erfasste Charly Bagusat, der gerade dabei war, die Straße zu überqueren. Zwei weitere Fußgänger konnten nur mit einem Sprung zur Seite Schaden abwenden.
Trotz erdrückender Beweise versuchte Anwalt Stefan Conen, dem Unfallopfer eine Mitschuld zu geben. Charly Bagust sei gerannt, als ob er flüchten wollte. Deshalb konnte ihn sein Mandant nicht richtig sehen. Wäre Charly nicht zurückgeschreckt, als er den Mercedes auf sich zurasen sah, wäre der Unfall nie passiert. Sein Mandant sei ebenfalls Opfer. Er sei traumatisiert und könne keine Freude am Leben mehr empfinden.
Es waren unerträgliche Momente im Gericht für Stephanie von Pfuel. Statt eines Geständnisses und einer ehrlichen Entschuldigung sollte ihr Sohn zum Mitschuldigen gemacht werden. Immer wieder wischte sie sich Tränen aus dem Gesicht. Vor allem, als ein Gutachter ein Video vorführte, das Charly vor dem Unfall zeigte. Der Sachverständige sagte dazu: „Wäre der Mann das erlaubte Tempo 50 gefahren, wäre es nicht zur Kollision gekommen.“
Stephanie von Pfuel: „Auf dem Video waren Charlys letzte Schritte. Auch während diese Bilder gezeigt wurden, gab es keinerlei Regung beim Täter. Er saß halt da, weil er dort sitzen musste. Sein Anwalt hat alles für ihn erledigt. Als dieser dann sagte, dass meinen Sohn auch eine Mitschuld getroffen habe, da es für seinen Mandanten gewirkt habe, als sei Charly auf der Flucht, hat mich das wahnsinnig wütend gemacht. Das stimmt überhaupt nicht, ist komplett unwahr.“Der Staatsanwalt: „Er machte nicht den Eindruck eines demütigen Angeklagten. Der Angeklagte hat nicht verstanden, was er angerichtet hat.“Die Staatsanwaltschaft führte aus, dass der Fahrer von Hartz IV lebt. Er sei ein Mitglied der Familie Miri (siehe oben) und könne sich so einen erfahrenen Rechtsbeistand leisten. In sozialen Medien posiere er vor Luxusautos. Der Verteidiger dementierte die Protzfotos. Vor der Urteilsverkündung sagte der Unfallfahrer: „Wenn ich es rückgängig machen könnte, würde ich es tun. Ich verstehe, dass Sie wütend sind. Es tut mir leid.“Für Stephanie von Pfuel wirkte diese Entschuldigung nicht echt: „Ich zweifle sehr an der vorgespielten Reue des Täters, diese Worte waren ihm klar von seinem Anwalt in den Mund gelegt worden. Jemand, der wirkliche Reue empfindet und dem es leidtut, dass er durch seine Schuld den Tod eines Menschen verursacht hat, verhält sich anders.“
Für die Gräfin brachte das Gerichtsverfahren keine Gerechtigkeit, sondern verschlimmerte ihr Leid sogar. Zu BUNTE sagte sie: „Vor dem Prozess fühlte ich mich deutlich gefestigter als heute. Die ganzen Bilder sind nun wieder voll in meinem Kopf präsent. Der Schmerz wird immer bleiben. Es sind Phantomschmerzen, manchmal scheinen sie weg zu sein und dann, plötzlich, wenn man nicht damit rechnet, überfallen sie einen mit der vollen Härte.“
„DIE REUE DES TÄTERS WAR VORGESPIELT“, SAGT STEPHANIE VON PFUEL