Shanghai: Atemberaubend
shanghai ist im doppelten Sinne des Wortes atemberaubend: Zum einen, weil die Stadt am Huangpu-Fluss mit ihren architektonischen Highlights und technischen Superlativen sicher zu den attraktivsten Metropolen der Welt gehört, zum anderen aber auch, weil sie mit aktuell etwa 25 Millionen Einwohnern in Sachen Luftverschmutzung zur Weltspitze zählt.
Im jetzt gerade zu Ende gehenden Sommer gab es Tage, wo das Thermometer dort auf über 40 Grad kletterte. Wenn dann nicht einmal der leiseste Windhauch für Kühlung sorgt und die Luftfeuchtigkeit auf fast 100 Prozent steigt, dann bleibt nur noch die Flucht in eines der zahllosen kleinen Lokale mit Klimaanlage und ein großes chinesisches Bier … Aber die Hundstage sind nun vorbei, und gerade die Übergangszeit zwischen dem heißfeuchten Sommer und dem Winter mit seiner unangenehm feuchten Kälte gilt als die beste Reisezeit. Grund genug, sich in der Stadt, die unglaublich dynamisch wächst, umzusehen, was es Neues gibt.
Luftige Airport-Architektur
Noch relativ neu ist der Airport Shanghai Pudong, der um die Jahrtausendwende in Betrieb ging und mit seiner offenen, luftigen Architektur auf die Hightech-Metropole einstimmt. Seit der Eröffnung wird in den Terminals sowie in der Peripherie ständig weitergebaut, zahlreiche Shops und einige Hotels sind in letzter Zeit dazugekommen, nächster Zuwachs ist vermutlich das „Radisson Blu“, das 2015 eröffnet werden soll.
Einziger Nachteil von Pudong: Hier landen zwar alle internationalen Flüge an, aber nur ein Bruchteil der weiterführenden Binnenflüge startet von hier, die anderen heben vom nationalen Airport Hongqiao ab, und der liegt 35 Kilometer von Pudong entfernt. Mit der Metro brauchen Umsteiger dafür etwa eindreiviertel Stunden, und mit dem Taxi sollte man, quer durch die ganze Stadt, mindestens zwei Stunden einplanen.
Erfolgreicher Transrapid
Aber die meisten ankommenden Besucher wollen gar nicht weiter, sondern direkt in die Stadt. Dafür können sie ein weltweit einmaliges Verkehrsmittel nutzen: den Transrapid, hier „Maglev“genannt, die einst in München erfundene Magnetschwebebahn, die von den Münchnern per Volksentscheid als Flughafenzubringer abgelehnt wurde, in Shanghai aber sehr erfolgreich im Einsatz ist. Mit gut 430 Stundenkilometern befördert sie die ankommenden Besucher Richtung Stadt – leider nicht komplett ins Zentrum, sondern bis zu einer Metrostation am Rand der Innenstadt. Gerade mit viel Gepäck sind daher die Shuttlebusse der großen Hotels oder Taxis (in Shanghai erstaunlich preisgünstig) die praktischeren Transportlösungen – aber natürlich weniger spektakulär. Der Transrapid ist fast zum Symbol für die intensiven Verbindungen zwischen deutschen und chinesischen Handels-
Keine Stadt verändert so schnell ihr Gesicht wie die 24-MillionenMetropole Shanghai
partnern geworden. Fast alle bedeutenden Konzerne unterhalten hier große Niederlassungen, Shanghai Volkswagen betreibt sogar ein ganzes Werk mit über 27 000 Mitarbeitern. Wer als deutscher Geschäftsmann hier neu Fuß fassen möchte, landet zumeist erst einmal im German Center for Industry and Trade, einem beeindruckenden Komplex im Zhangjian HiTech Park in Pudong. Auf 30 000 Quadratmetern sind dort Büroflächen, Veranstaltungsräume und Freizeiteinrichtungen entstanden, wo die Deutschen untereinander, aber auch mit chinesischen Partnern Kontakte pflegen. Wenn bei längeren Aufenthalten die Familie nachkommt, muss man sich auch um den Nachwuchs keine Sorgen machen: In Pudong gibt es eine deutsche Schule mit 300 Kindern, im etwas entfernter gelegenen Quingpu einen sogenannten EuroCampus mit 900 Kindern.
Zwei Tipps, die für Neuankömmlinge hilfreich sein können: Zum einen lohnt es bei höherem Gesprächsaufkommen, für das Mobiltelefon eine lokale SIM-Karte zu besorgen, damit bleiben bei den Telefonaten vor Ort die teuren Roaming-Gebühren außen vor. Zum anderen sollte man die Nummer eines netten Hotelportiers im Telefon speichern. Denn kaum ein Taxifahrer in Shanghai spricht Englisch. Wenn man ihm nicht die gewünschte Adresse in chinesischen Schriftzeichen unter die Nase halten kann, dann ist es allemal am einfachsten, den Portier anzurufen, ihn um Übersetzungshilfe zu bitten und das Telefon dann an den Fahrer weiterzureichen.
Aussicht vom Finanzzentrum
Es gibt kaum eine Stadt, die so schnell ihr Gesicht verändert wie Shanghai. Wer sich einen Überblick verschaffen will, was es alles Neues gibt, oder als Newcomer zum ersten Mal das unglaubliche Hochhaus-Panorama auf sich wirken lassen möchte, fährt am besten auf die über 400 Meter hohe Aussichtsplattform des World Finance Center. Alternative dazu: ein Drink in der kaum weniger hoch gelegenen
Bar „Cloud 9“im obersten Teil des Jin Mao Tower. Von beiden Aussichtspunkten lässt sich natürlich immer nur ein Teil der Stadt überschauen. Um das ganze Ausmaß dieses BetonMolochs erfassen, empfiehlt sich ein kurzer Besuch im Stadtentwicklungsmuseum (100, Renmin Ave.). Dort im dritten Stock steht ein Miniaturmodell der kompletten Stadt einschließlich der Planung bis 2020, das in seiner gigantischen Größe und detailreichen Ausführung allein schon wieder einen Superlativ darstellt.
„Peace Hotel“wieder geöffnet
Eine der erfreulichsten Neuigkeiten in der Stadt bezieht sich auf eines der ältesten Gebäude: Das traditionsreiche „Peace Hotel“am Bund, der Uferprome- nade in Shanghai, ist nach jahrelanger Renovierung nun wieder vollständig geöffnet. Der Besuch in dieser Stilikone des Art déco gehört nicht nur für Neuankömmlinge in der Stadt zum unbedingten Pflichtprogramm – am besten in der Zeit zwischen 19 und 21.30 Uhr, wenn in der Bar die weltberühmte AltherrenJazzcombo Musik macht.
Morgenspaziergang im Park
Noch ein Stück Tradition im hochmodernen Shanghai gefällig? Dann empfehlen wir Ihnen, am besten frühmorgens, einen Spaziergang durch den zentral gelegenen Yuyuan-Garten, ein ästhetisches Meisterwerk mit seinen Pagoden, Brücken und kunstvoll angelegten Bepflanzungen. Tagsüber drängen sich hier Touristen und Ein- heimische inzwischen in solchen Massen, dass die Anmut des Orts sehr darunter leidet, zum Sonnenaufgang aber bietet der Besuch dort einen perfekten Einstieg in den Business-Tag.
Wenn zwischen Geschäften und Sightseeing etwas Zeit bleibt, dann ist in Shanghai garantiert noch Shopping angesagt. Wer Freude an allen Fakes vom T-Shirt bis zur Markenuhr hat, findet in der Stadt eine schier unerschöpfliche Auswahl, sollte sich aber bewusst sein, dass der deutsche Zoll bei solchen Einfuhren nicht den geringsten Spaß versteht. Aber auch die Originalware, die in den Glitzerläden an der Nanjing Lu und den anderen großen Einkaufsstraßen verkauft wird, ist erfreulich billig. Als bester Tipp für originelle Souvenirs gilt bei vielen China-Freunden aber immer noch der Antiquitätenmarkt an der Dongtai Road. Mah-Jongg-Spiele, Wahrsagestäbchen, alte Uhren, Grammofone und jede Menge anderer Plunder werden dort angeboten, aber Vorsicht! So gut wie nichts ist echt, alles gut nachgemachte Industrieware. Das sollte man wissen, um entsprechend zu verhandeln, aber wer dabei hartnäckig genug bleibt, darf als Belohnung sehr hübsche Andenken zu überaus günstigen Preisen mit nach Hause nehmen.
mt