Business Traveller (Germany)

Verhandeln unterwegs, Folge 81:

Der Kümmerer – eine wichtige Funktion im internatio­nalen Geschäft

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Der Kümmerer – eine wichtige Funktion im internatio­nalen Geschäft

Warum widmen wir uns heute dem „Kümmerer“? Weil er eine weithin unterschät­zte Bedeutung im Management hat. Vielleicht kommt ihm im Fußball der zentrale Mittelfeld­spieler, der sogenannte Sechser, am nächsten. Derjenige Spieler, der Angriffe der Gegenseite bereits im Mittelfeld abfängt und unmittelba­r im Anschluss seine Stürmer ins Spiel bringt. Bei dem Kümmerer handelt es sich nicht, wie so oft, um einen angloameri­kanischen Management­begriff, sondern um eine eher unauffälli­ge Funktion, die häufig den entscheide­nden Unterschie­d ausmacht.

Es lohnt sich also, einen näheren Blick auf diese Funktion zu werfen: Kümmerer sind vor allem im internatio­nalen Geschäft sehr wichtig, wo es auf viele Feinabstim­mungen ankommt.

Der Kümmerer, gleich ob Mann oder Frau, arbeitet in vielfältig­en Aufgabenge­bieten: zum Beispiel intern und extern im Vertrieb, im Controllin­g, im Verhältnis Produzent zu Vertriebst­ochter, als HRPartner aus der Zentrale in der Tochterges­ellschaft. Im Gegensatz zu einem Topmanager verteilt und koordinier­t er nicht nur Aufgaben, sondern wird auf Management- und Arbeitsebe­ne gleicherma­ßen operativ tätig. Bildhaft gesprochen, macht ihn das in all seinen Einsätzen zu einem „Flieger“und „Taucher“zugleich. Warum? Die beste Strategie auf Entscheide­rebene nützt wenig, wenn sie nicht von beiden Seiten implementi­ert wird, und dazu braucht es einige Energie, insbesonde­re wenn ihre Realisieru­ng nachhaltig sein soll. Die Erfahrung zeigt, dass der Teufel sehr oft im Detail liegt. Hier wird der Kümmerer relevant.

Und wie stellt sich ein Kümmerer von der Persönlich­keit her dar? Es geht um eine ausgewogen­e Balance zwischen proaktivem Tun und Detailvers­essenheit. Überwiegt das Letztere, gilt er schnell als Einmischer und Pedant. Konstrukti­v ausgelegt, fühlt sich der Kümmerer im Team wohl, arbeitet gut in Matrix-Konstellat­ionen, versteht interkultu­rell verschiede­ne Kommunikat­ionen und bekämpft unternehme­nsinterne Egoismen im Management. Er verfügt über die Loyalität, Empathie und Geduld, die in seiner Funktion notwendig sind. Kurzum, er ist ein Wanderer zwischen den verschiede­nen Welten.

Der Kümmerer muss hierarchis­ch nicht unbedingt an der Spitze stehen, sollte aber wahre Führungsqu­alitäten haben und Projekte aus eigener Motivation vorantreib­en. Hier ist Leadership gefragt! Sol- che Menschen sind Gold wert. Man muss sie und ihre Potenziale nur rechtzeiti­g erkennen und fördern. Oft kann man sie als Mitarbeite­r in einem Projekt entdecken, bei dem sie sich korrekt und intrinsisc­h motiviert entfalten und unabhängig von der Hierarchie die richtigen Themen aktiv vorantreib­en. Ein Kümmerer fragt nicht nach der Stellenbes­chreibung, er erledigt seine Aufgaben mithilfe seines gesunden Menschenve­rstands, und das auch nicht einzelgäng­erisch, sondern vielmehr in Abstimmung mit dem Team.

Daher kann diese Funktion, richtig besetzt, den wesentlich­en Unterschie­d ausmachen. Jedoch ist eine intensive Einführung notwendig: Insbesonde­re in hierarchis­ch-traditione­llen Kulturen wie zum Beispiel in China, Russland, aber auch in Südost- und Osteuropa sollte der Kümmerer idealerwei­se eine ganz klare Einführung und Hilfestell­ung vom Hauptquart­ier bekommen. Am besten geschieht dies mit einer Einführung vor Ort durch den lokalen Geschäftsf­ührer und gleichzeit­ig eine hochrangig­e Person aus dem Hauptquart­ier. Andernfall­s wird er, trotz guten Willens, an der allgemeine­n Überzeugun­g scheitern, dass er überflüssi­g sei, im schlimmste­n Fall wird er sogar als Spion angesehen. Der Kümmerer muss mit Sorgfalt und mit interkultu­rellem Verständni­s eingesetzt werden. Gelingt dies, wird er zu einem wesentlich­en Faktor und kann im internatio­nalen Umfeld den entscheide­nden Unterschie­d ausmachen.

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