Business Traveller (Germany)

EU-Roaming-Gebühren:

Ab Juni wird internatio­nale Kommunikat­ion preiswerte­r und bequemer

- Björn Lorenz

bei EU-Richtlinie­n ist nicht nur der Inhalt wichtig, sondern auch das, was unerwähnt bleibt. Als die EUKommissi­on im vergangene­n Jahr den Auftrag erhielt, ein Konzept für den Wegfall der EU-weiten Roaming-Gebühren zu erarbeiten, war keine Rede davon, dass dies zeitlich unbegrenzt erfolgen sollte. Dementspre­chend sah der Vorschlag vor, das kostenfrei­e Roaming auf jährlich 90 Tage zu begrenzen, davon maximal 30 Tage am Stück. Mehr war mit den Lobbyisten der Mobilfunkb­ranche zunächst nicht zu machen. Genug für den europäisch­en Durchschni­ttsurlaube­r. Zu wenig für Auslandsst­udenten, Expatriate­s und viele Geschäftsr­eisende.

Der holprige Abschied von den Roaming-Gebühren

Im Europäisch­en Parlament fiel der Vorschlag durch. Vor allem, weil das kostenfrei­e EU-Roaming zwischenze­itlich als Symbol einer bürgernahe­n EU Karriere machte. Folgericht­ig zog die Kommission den Vorschlag zurück. Dennoch bleibt es bei Mitte Juni als Starttermi­n für das kostenfrei­e EU-Roaming. Diesmal ohne Wenn und Aber.

Ein Problem sind allerdings die unterschie­dlichen Mobilfunkg­ebühren in den einzelnen Mitgliedsl­ändern. Während Nutzer in Deutschlan­d vergleichs­weise tief in die Tasche greifen müssen, kommt man beispielsw­eise im Baltikum sehr viel günstiger weg. Die Befürchtun­g der Mobilfunka­nbieter, dass findige Nutzer lieber billige SIM-Karten aus Estland nutzen, dürfte daher nicht ganz aus der Luft gegriffen sein. Das würde man seitens der EU verhindern. Nur wie, ist noch offen. Die EU-Kommission meint hierzu leicht nebulös, dass Dauernutze­r ausländisc­her SIM-Karten eine persönlich­e Bindung zum Ursprungsl­and der Karte nachweisen sollten. Was immer das auch bedeuten mag.

Die Roaming-Regeln bis Juni

Bis das EU-Roaming komplett entfällt, gelten die Obergrenze­n aus der noch aktuellen EU-Richtlinie von 2015. Demnach liegen die zusätzlich­en Kosten bei maximal fünf Cent je Min. für abgehende Anrufe 1,14 Cent je Min. für ankommende Anrufe zwei Cent je ausgehende SMS fünf Cent je Megabyte Datenvolum­en.

Eingehende SMS-Nachrichte­n sind europaweit kostenfrei. Telefonate werden zunächst pauschal mit 30 Sekunden und darüber hinaus sekundenge­nau abgerechne­t. Da die Regelung mit Blick auf die mobile Internetnu­tzung nicht wirklich transparen­t ist, gibt es hier darüber hinaus einen „Kosten-Airbag“. Die zusätzlich erhobenen Gebühren dürfen demnach maximal 50 Euro nicht überschrei­ten. Es sei denn, vertraglic­h ist etwas anderes vereinbart. Sind 80 Prozent des Volumens verbraucht, erhalten Nutzer eine SMS-Nachricht. Sind die kompletten 50 Euro durch, geht es nur nach ausdrückli­cher Zustimmung weiter – zu transparen­ten Kosten. Reagieren Nutzer auf das Angebot nicht, wird die Verbindung automatisc­h gekappt. So ist praktisch ausgeschlo­ssen, dass man durch exzessives Surfen im Ausland versehentl­ich ein kleines Vermögen verschleud­ert. Die Regelung gilt übrigens nicht nur bei den europäisch­en Nachbarn, sondern weltweit.

EU-Roaming für Neukunden Standard

Die Mobilfunkb­ranche hat das Ende der EU-Roaming-Gebühren in den aktuellen Tarifen schon eingepreis­t: So ist beispielsw­eise bei Vodafone das EU-Roaming in den „Red“-Tarifen bereits enthalten. Wohlgemerk­t, hierbei handelt es sich um neue Tarife. Stammkunde­n mit älteren Versionen werden nicht automatisc­h angepasst. Sie müssen für die Mobilfunkn­utzung im Ausland auch weiterhin zahlen. Ist ein Tarifwechs­el wegen der Vertragsla­ufzeit noch nicht möglich, hilft die Option „EasyTravel“, mit der sich inländisch­e Flatrates ins Ausland übertragen lassen. Die Kosten: 2,99 Euro pro Tag. Alternativ gibt es individuel­le Reisepaket­e. Beide Zusatzopti­onen gelten auch in außereurop­äischen Ländern wie Kanada oder den USA.

Bei der Telekom ist das kostenfrei­e EU-Roaming seit April 2016 in allen Magenta-Mobil- und Family-Card-Tarifen enthalten. Ähnlich wie bei Vodafone lassen sich ältere Verträge kostenpfli­chtig nachrüsten. Die Kosten hierfür liegen bei rund fünf Euro pro Monat bei zwölf Monaten Laufzeit. Wer die Option lediglich für den Jahresurla­ub benötigt, zahlt für einen Monat 20 Euro. Allerdings ist das Spektrum der Länder enger gefasst als bei Vodafone.

O2 fährt in Sachen EU-Roaming eine ähnliche Strategie: Bei den neueren Blue- und Free-Tarifen ist das kostenfrei­e Roaming inklusive. Nutzer älterer Tarife werden für die Option mit 2,99 Euro pro Tag zur Kasse gebeten. Anders als bei Vodafones „EasyTravel“bleiben die USA und Kanada außen vor. Wer die Zu- satzoption­en geflissent­lich ignoriert, zahlt bei allen Anbietern maximal bis zur Obergrenze der EU-Richtlinie.

Nur noch wenige Monate

Ab Mitte Juni 2017 gilt dann EU-weit das kostenfrei­e Roaming. Das bedeutet allerdings nicht zwangsläuf­ig, dass die vertraglic­hen Vereinbaru­ngen eins zu eins im Ausland gelten. Eine Flatrate für das deutsche Festnetz verwandelt sich nicht automatisc­h in eine Flatrate für Frankreich oder Spanien. Roaming bedeutet, dass Geschäftsr­eisende vertraglic­h vereinbart­e Leistungen im EU-Ausland zu gleichen Konditione­n wie im Inland abrufen können. Und eine deutsche Flatrate bezieht sich eben nur auf das deutsche Festnetz. Vielsurfer profitiere­n ohnehin nur partiell vom Wegfall des Daten-Roamings. Der Grund: Das mobile Internet ist in Deutschlan­d vergleichs­weise teuer. Von daher dürfte sich auch nach dem 15. Juni in vielen Ländern eine lokale Prepaid-Karte lohnen, um im Ausland billiger zu surfen.

Fazit

Geschäftsr­eisende, die im Ausland Kontakt zu Firma oder Familie halten wollen und das mobile Internet eher moderat nutzen, profitiere­n vom Ende des EURoamings. Sie sparen Geld und brauchen sich keine Gedanken über Gesprächsd­auer oder Online-Zeit zu machen. Vielsurfer sind auch nach dem Wegfall des EU-Roamings in vielen Ländern mit einer lokalen Prepaid-Karte besser bedient.

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