STILLES MIT TEL MEER
„ Die Mittelmeerziele schwankten in diesem Sommer zwischen einmaligen Ruheerlebnis und ohnmächtigem Risikogebietsstatus. Bleisure- Besuche im Corona- Jahr nach Mallorca, Ibiza, Nizza und St. Tropez.“Sylvie Konzack, Katja Wunderlich und Kai Böcking
Der Ballermann ist bei meinem Besuch im Juli gerade geschlossen worden, der Status Risikogebiet noch in der Ferne – und die beliebte Ferieninsel vieler Europäer im unwirklichen Ruhemodus. Ich kenne Mallorca vom Winter, da war mehr los. Jetzt lockt die Insel für einen Kurztrip zum ruhigen Arbeiten und Bleisure- Geniessen mit vielen klischeefreien Momenten im bergigen Landesinnere. Das Dorf Es Capdellà in der Provinz Calvía liegt nur eine halbe Stunde vom Flughafen Palma de Mallorca entfernt. Fährt man hieran vorbei, steht man bald vor einem mächtigen Tor mit einer palmenumsäumten, staubig-verträumten Hotelauffahrt. Klingeln und Eintauchen in die Abgeschiedenheit des Castell Son Claret ist hier angesagt (Foto oben). Das Team begrüsst mich mit hausgemachter Limonade aus den Vorgarten-Zitronen und umfangreichem Hygieneset. Schnell drücke ich meinen persönlichen Reset-Knopf, der vor allem nach einem Streichkonzert der „Mallorquiner Philharmoniker“klingt: der Sound hunderter Grillen in der 132 Hektar großen Schlossanlage, der im gesamten Tal des Tramuntana- Gebirges nachhallt. Rückzugstage mit mediterranem ChilloutSound, genau das hatte ich mir erhofft.
Das Castell Son Claret, ein Leading Hotels of the World, war einmal im 19. Jahrhundert ein Schloss. 2013 ließ die Hamburger Unternehmerfamilie Kühne das Anwesen mit den 41 Zimmern und Suiten restaurieren und erweitern. Einige befinden sich im historischen Haupthaus, die Gartensuiten in den ehemaligen Ställen des Herrschaftshauses samt maurischem Brunnen und privaten Hof. Und in der Nähe befinden sich auch die neuen Poolsuiten, mit privatem Garten und Pool. Alles im Finca-Stil mit Castell-Attitüde.
Ich wohne im Haupthaus in einer der beiden 70 m2 großen Turmsuiten mit meinem Lieblingsarbeitsplatz, der Panoramaterrasse samt Blick auf den so schlicht-schönen Pool. Innerhalb von zwei Minuten kann ich vom Zimmer aus morgens, mittags, abends ins Becken springen und die Berge um mich herum erschwimmen. Ein paar Kinder und viele Paare machen es mir gleich – alle im sonnigen Ruhe- statt Partymodus. Mallorca auf diese Weise in diesem Sommer – nichts ist gerade selbstverständlich, das scheint hier allen klar. Auch als sich viele später auf der Terrasse des Restaurants Oliviera wiedersehen. Jeder an seinem Tisch mit reichlich Abstand, jeder im regen Austausch mit dem Team, das genau weiss, was einem gerade schmecken könnte. „Distancing ohne große Einschränkungen“– das funktioniert im Castell auf ganzer Linie.
Einmal schnappe ich mir ein Fahrrad, das das Hotel bereitstellt, und fahre ins nächste Dorf, über Stock und Stein, vorbei an Eseln unter Bäumen und an Wanderschildern – wer Zeit und Muße hat, kann von hier aus direkt ins Gebirge starten. Ich wage später eine Stippvisite nach Palma de Mallorca und laufe nach einer 20-minütigen Taxifahrt am Strand entlang und danach durch die leere Altstadt. Alle tragen hier auch auf den Straßen Maske, überall bekommt man noch einen Platz auf den Terrassen der Cafés. Der Sommer 2020 auf einer der Lieblingsinseln der Deutschen – er ist vor allem pures Mallorca ohne Klischees.
Katja Wunderlich: Ibiza bleibt voller Leichtigkeit
Reisen während einer Pandemie klingt fast wie der Titel eines Abenteuerfilms. Aber bei der Geschäfts- und Bleisure-Reise im August fühlt es sich dann doch wie das Gegenteil an. Die Insel stand vor Corona für Party und Spaß wie auch für Chilling und Relaxing. Als sie zum Risikogebiet erklärt wurde, wandelt sie sich eher zu einer Oase der Ruhe und Stille. Unter Einhaltung aller Regeln und mit einem negativen Test in der Tasche, starte ich meine Reise mit großer Vorfreude auf das Hotel Nobu Ibiza Bay. Die von Nobu Matsuhisa, Robert De Niro und Meir Teper gegründete Marke begeistert mich als De-Niro-Fan schon lange. Und vor Ort wird auch schnell klar, was hier mit „stylish“und „Summer Vibes only“gemeint ist: In der Bucht von Talamanca am weißem Sandstrand gelegen, nur 2 km von Ibiza Stadt und ca. 20 Minuten vom Flughafen entfernt, ist das Hotel perfekt für einen Bleisure Trip: eine design-exklusive Einrichtung mit 152 Zimmern, zwei großzügign Pools, überall Chill-Beats aus den Lautsprechern, ein renoviertes Ibiza Bay Spa by Six Senses, und das Essen fantastisch, wenn auch teilweise hochpreisig.
Mit Blick auf strahlend blaues Wasser kann man problemlos mobil arbeiten, das WLAN funktioniert im ganzen Haus einwandfrei. Tagsüber laden zudem zahlreiche Sportmöglichkeiten zum Energietanken ein – vom Sunset Paddling und Schnorcheln über Jetski-Touren oder den Kayak Trip bis hin zur Sunset-Meditation und Yoga auf dem neuen Rooftop-Bereich. Wer seine Familie mitnehmen oder nachholen will, begeistert diese auch für den neuen Fitnessbereich oder den Kids Club. Und neben bestem Sushi und exklusiver asiatischer Küche in einem der drei Restaurant, findet man direkt am Strand auch diverse kleine Strandbars und Restaurants für jeden Geschmack.
Kai Böcking: French Way in Nizza ...
Schon in meiner Jugend war die Côte d’Azur für mich immer ein Sehnsuchtsziel. Das Mittelmeer in den schönsten Farben, die Restaurants am Strand direkt hinter den eng gestellten Liegestühlen. Und eine Landschaft, in die ich mich schon im Hitchcock-Klassiker „Über den Dächern von Nizza“verliebt habe. Ich war oft beruflich in Cannes und Nizza und ein paarmal privat in Saint-Tropez. Das alles ist Jahre her. Ausgerechnet in diesem Sommer gelang nach dem Businesstermin ein Besuch der Azurküste. Die erste Station führte Anfang August nach Nizza zu einem wahren Hotelklassiker, der auch ohne dem Prachtbauten- Charme an der Promenade des Anglais auskommt: das Le Méridien Nice, ein 1970erJahre-Haus mit vielen Balkonen und Terrassen samt Blick auf die Strandpromenade und das Meer. Die Altstadt liegt um die Ecke, vorbei am Le Jardin Albert 1er, zentraler geht nicht. Und was in Frankreich manchmal fehlt, erlebe ich hier gleich beim Ankommen: ein entspanntes, freundliches und hilfsbereites Personal, wie es gerade jetzt wichtig ist. Die Lobby im ersten Stock ist, wie ein großer Teil des Hotels, gerade hell und mit edlen Hölzern renoviert worden. Im Zimmer der Kategorie Nice Room (schönes Wortspiel) begrüsst mich das üppige Welcome-Package mit Wein, Macarons, Hygieneset und Sonnenhut – sowie ein atemberaubender Blick durch die Panoramafenster auf das Meer, sogar vom Bad aus. Der umlaufende Patio bietet Platz für zwei Sonnenliegen und meinen Arbeitsplatz am Tisch. Einzig das WLAN-Netz lässt zu wünschen übrig, besser man nutzt hier seinen privaten Roaming-Hotspot. Und im „La Terrasse“, dem Restaurant-Hotspot der Stadt, kann man das Thema auch erstmal vergessen. Hier gibt es Pastis, frische Austern, Perlhuhn auf Trüffelrisotto, während postkartenmäßig die Sonne im Meer untergeht. Klasse Service, hervorragendes Essen, unbedingt vorher reservieren. Und wer länger bleiben will, für den plant der General Manager Stephane Dartois vermehrt Work & Stay-Angebote, zusammen mit mehr Serviceangeboten. Wir berichten!
Und dann erfülle ich mir noch einen Traum: Für alte Wasserspringer wie mich ist das Restaurant Le Plongeoir eine Ikone. Neben dem historischen Sprungturm auf dem Felsen, bietet es auf mehreren Ebenen mediterrane Küche mit Küstenblick – Gazpacho mit Burrata, Seebrasse vom Grill, Tarte Tatin mit Eis. Das Essen ist köstlich, bezahlbar, der Blick nicht.
... und Saint-Tropez
Eineinhalb Autostunden entfernt liegt Saint-Tropez. Schwer vorstellbar, dass man auf die Idee kommt, bei den Klischees Reich, Schön, Spaß und Leisure hier eine Unterkunft zum Arbeiten zu suchen. Doch der deutsche Maler Stefan Szczesny lebt und arbeitet in SaintTropez seit 30 Jahren und sagt: „Das Licht, das Licht hier macht den Unterschied.“
Vielleicht hat sich die Althoff Villa Belrose, in der ich einchecke, deshalb mit vielen seiner farbenfrohen Bilder und Skulpturen geschmückt. Das etwas Verspielte tut dem BoutiqueHotel gut, denn ansonsten vertritt es klar die Position: wo wir sind, ist oben – oben in den Bergen mit Blick auf das ehemalige Fischerdorf Saint-Tropez, oben mit der illustren Gästeliste aus aller Welt, und oben, was das Selbstverständnis eines Luxushotels betrifft.
Toskanische Villa, große Poolanlage und toller Ausblick – das ist das große Pfund des Hotels mit 40 Zimmern und Suiten. Der Check-in mit einem Glas Champagner erfolgt auf der riesigen Terrasse, inklusive eines großen Hallos des General Managers Robert-Jan van Straaten. Dieser bewegt sich fast ständig in Gästesichtweite und parkt in diesem Sommer bei Bedarf auch mal deren Autos. Mein Zimmer ist französisch elegant, Steckdosen sind etwas Mangelware, auch das WLAN etwas schwach auf der Brust. Das scheint ein Côte d’AzurProblem zu sein. Das Hotelrestaurant, so heisst es, ist leider ausgebucht. Der Concierge empfiehlt das „Napoléon“in einer Gasse – ein romantischer Gourmettraum. Lounge Musik vom Live-DJ wabert hier durch die hohen Speiseräume, die Share- Gerichte sind sensationell: Ochsenbäckchen mit Scamorza-Käse, Krabben-Rillette, Kalbsbries. Corona ist weit weg, wie in so vielen Mittelmeer-Momenten in diesem Sommer.