SERVICE D APARTMENT S
Wer in diesen Tagen ein Serviced Apartment mietet, kommt ins Grübeln: Die Wohnform kann so ziemlich alles – und manchmal auch mehr als das eigene Heim
Eine Wohnform macht Schule – und zeigt in der Krise, was in ihr steckt
Raus aus dem Büro, rein ins Homeoffice – diesen Weg haben seit dem Ausbruch von Corona viele Menschen beschritten, nicht nur hierzulande, wo der Anteil an Beschäftigten, die überwiegend oder ausschließlich von Zuhause aus arbeiten, Ende Januar bei 24 Prozent lag. Tendenz stark steigend. Was eine gute Nachricht für den Infektionsschutz sein mag, bringt Akteure häufig an ihre Grenzen: Nicht jeder findet in den eigenen vier Wänden genügend Raum und Ruhe für ungestörtes Arbeiten.
In diese Angebotslücke stieß bereits 2020 die gebeutelte Beherbergungsbranche – und bot Zimmer und Apartments tageweise oder auch für längere Zeiträume als Homeoffice an. Dass sich hier besonders das Segment der Serviced Apartments bewährt hat, ist leicht zu erklären: Abgeschlossene Wohneinheiten mit Arbeitsplatz, Kitche
nette, Service nach dem Baukastenprinzip und häufig digitalisierten Abläufen reduzieren Außenkontakte auf ein Minimum und bedienen das erhöhte Sicherheitsbedürfnis der Gäste in Pandemiezeiten. Hinzu kommen ausgeklügelte Hygiene-Konzepte, flexible Buchungs- und Stornobedingungen und nicht zuletzt auch deutliche Preisnachlässe – Vorteile, die nicht nur „Heimarbeiter“zu schätzen wissen. „In der Krise zeigt sich erst das Potenzial der Wohnform“, sagt Julia Münch, Marketing Manager Operations bei der Upartments Real Estate GmbH, die unter der Marke Joyn Living derzeit Serviced-Apartment-Häuser in München, Wien und Köln betreibt und „ganz neue Zielgruppen“erschlossen habe in der letzten Zeit. Vertreter der IT- oder der Baubranche, die das Segment neu für sich entdeckt hätten, Mitarbeiter aus der Filmproduktion oder gestrandete Expats, die aufgrund von Reisebeschränkungen nicht in ihre Heimatländer zurückkehren konnten bzw. können – die Bandbreite der Gästeklientel sei deutlich größer geworden und habe auch während der Pandemie für eine vergleichsweise gute Belegung gesorgt.
Das kann auch Ralf Krause, Geschäftsleiter von Adapt Apartments Berlin, bestätigen, der die Produktvorteile seiner Häuser in kleine Video-Clips verpackte und damit Kundenkreise für sich einnahm, die zuvor gar nichts über Serviced Apartments wussten. Krankenhauspersonal im Schichtdienst, Bundeswehrsoldaten, die vor Auslandseinsätzen eine 14-tägige Quarantäne bei Krause „abwohnten“, oder Firmen, die für ihre Mitarbeiter Räume anmieteten, weil diese im privaten Umfeld nicht arbeiten konnten – insgesamt 11.000 Übernachtungen verbuchten Adapt Apartments in den letzten Monaten „mit völlig neuen Kunden“.
Auch Branchenpionier Living Hotels öffnete seine Aparthotels bereits frühzeitig für neue Gästegruppen – für Pendler, Ärzte, Wohnungssuchende, die aktuell keine Besichtigungen machen können, Studenten, die am Universitätsstandort keine Bleibe finden, oder eben „Homeworker“, die in den voll ausgestatteten Apartments teils bessere Bedingungen vorfänden als zuhause, ist Tim Düysen, CMO von Living Hotels, überzeugt. Designmöbel, Küche, Balkon, Ökostrom und WLANFlat zum „ All-in- one-Preis“ab 750 Euro: Die aktuellen Angebote der Living Hotels nimmt man ungläubig zur Kenntnis – und bringen jeden, der in Metropolen wie München oder Frankfurt zur Miete wohnt, doch stark ins Grübeln.
Gäste finden in den voll ausgestatteten Apartments teils bessere Bedingungen vor als zuhause
Temporärer Wohnraum ist gefragt in diesen Tagen und es sind vor allem Anbieter von Serviced Apartments, die sich in der Krise als flexible und ideenreiche Gastgeber profilieren. Büroersatz, Bleibe für frisch getrennte Pärchen oder, Beispiel Adagio Vienna City, „fliegendes Klassenzimmer“für Familien im Homeschooling – hier ist eine ganze Branche auf den Tisch gestiegen, von der veränderten Perspektive profitieren Unternehmen wie Gäste gleichermaßen.
Anbieter sichern ihr Fortkommen und schärfen das Profil des Segments auf einem umkämpften Markt. Interessenten dürfen sich über ein Wohnangebot freuen, das in der Krise nochmals attraktiver geworden ist und mit seiner enormen Vielseitigkeit die Bedürfnisse unterschiedlichster Zielgruppen decken kann.
Auch der durch Corona beschleunigte Wandel der Arbeitswelt hin zu mehr Flexibilität, Mobilität und Unabhängigkeit findet in der Wohnform der Serviced Apartments eine passgenaue Entsprechung, weshalb Anett Gregorius, Inhaberin des Vermittlungs- und Beratungsunternehmens Apartmentservice, der Branche trotz Corona ein Marktwachstum von 43 Prozent bis Ende 2022 prognostiziert. „Serviced Apartments sind der künftige Mainstream-Übernachtungswunsch“, sagt Gregorius. „Gemessen an dem Bedarf, der auf uns zurollt, ist das aktuelle Wachstum deshalb noch nicht ansatzweise Wachstum genug.“Aktuell haben Gäste in Deutschland die Wahl zwischen 666 Häusern und rund 35.000 Einheiten, bis 2022 sollen weitere 16.900 Einheiten hinzukommen.
„Der Serviced-Apartment-Markt wird stark gewinnen“, ist auch Matteo Ghedini, Gründer und CEO der Brera Serviced Apartments, überzeugt – nicht zuletzt auch dank der aktuellen Krise: „Um so viel Aufmerksamkeit zu erlangen, wie es derzeit der Fall ist, hätte es unter normalen Umständen viel länger gebraucht.“