Literaturhaus Lesezeichen
Viele der durch das Netzwerk der Literaturhäuser verbundenen Häuser werden von Frauen geleitet, von Katrin Eckert in Basel, Anja Johannsen und Gesa Husemann in Göttingen, Birgit Peter in Leipzig, Bettina Fischer in Köln, Ulrika Rinke in Rostock, Stefanie Stegmann in Stuttgart, Susanne Lewalter in Wiesbaden und Gesa Schneider in Zürich. So vielseitig wie die Protagonistinnen sind die Programme in ihren Häusern, was sie verbindet, ist das Bewusstsein für die Literatur als Seismograph der Gesellschaft – und natürlich die „Frauenpower“, nicht wenige von ihnen verantworten zusätzlich zum regulären Programm auch noch aufregende Festivals, Schwerpunktreihen, Ausstellungen. Das älteste Literaturhaus in Deutschland bekommt nun gleich eine weibliche Doppelspitze, Grund genug, Janika Gelinek und Sonja Longolius nach ihren Plänen zu befragen.
Sie teilen sich die Doppelspitze. Wie werden Sie die Zusammenarbeit organisieren? Wer ist für was zuständig?
Als Literaturwissenschaftlerin und promovierte Kunsthistorikerin, als Lektorin und Bloggerin, als Kritikerin und Kuratorin, als old school und digital nerd – und nicht zuletzt als auf Effizienz und Selbstironie trainierte Mütter – sind wir voller Vorfreude, die vielfältigen inhaltlichen und organisatorischen Herausforderungen der Leitung des Literaturhauses Berlin gemeinsam zu stemmen. Wir haben die Arbeitsbereiche aufgeteilt, sodass eine von uns das letzte Wort hat und auch die jeweilige Ansprechpartnerin klar ist, sind jedoch beide stets up-to-date und diskutieren alle wichtigen Entscheidungen. Das ist manchmal zeitintensiv, durchaus auch kontrovers, aber sehr produktiv! Darüber hinaus gibt uns die Doppelspitze eine große Flexibilität, die für uns beide wichtig ist. Kurz, eine von uns ist immer da!
Welche Bereiche liegen Ihnen besonders am Herzen? Wo haben Sie Ihre Schwerpunkte?
Wir verstehen das Literaturhaus Berlin im Wortsinn als Haus der Literatur für Berlin, in das sich alle Bewohner*innen der Stadt herzlich eingeladen fühlen sollen. Das Faszinierende und Schöne an Berlin ist ja, dass hier buchstäblich die ganze Welt zu Hause ist: Berliner Schriftsteller*innen, Europa und die neuen Literaturen, die mit den Migrant*innen zu uns kommen, werden eine wesentliche Rolle im Programm des Hauses spielen. Zugleich planen wir, die Zusammenarbeit mit den Hochschulen der Stadt zu intensivieren und das Kinder- und Jugendprogramm sichtbar aufzuwerten und auszubauen.
Was bleibt, wie es war, wo werden Sie neue Akzente setzen?
Es bleibt das erste Literaturhaus im deutschsprachigen Raum mit einem spannenden literarischen Programm – und einer der schönsten Orte Berlins mit Café, Garten und Buchhandlung! Wir wollen es gerne noch stärker zur Stadt öffnen und das Haus, das in seiner wechselvollen Geschichte auch Clubhaus, Volksküche, Tanzstudio und Lazarett war, zu einem lebendigen und gastfreundlichen Ort machen. Im Idealfall kommt unser Publikum eines Tages nicht nur zu einer vorher ausgesuchten Veranstaltung, sondern weil es neugierig auf unser Programm ist, auf das, was im Literaturhaus stattfindet, weil es bei uns von Veranstaltungen und Themen inspiriert wird – und sich hier zu Hause fühlt.