Den Buchmarkt gestalten
Vier Verlegerinnen im Interview
Es gibt so viele mutige, kluge, kenntnisreiche Frauen, die mit ihren Ideen und Visionen den Buchmarkt beleben und bereichern. Wir stellen einige von ihnen vor.
Ist der Buchmarkt ein „Machobetrieb?“Darüber wurde, gerade im letzten Jahr, viel diskutiert. Zu Recht: Zwei Drittel aller Beschäftigten sind weiblich, die Chefetagen sind jedoch hauptsächlich von Männern besetzt. Literatur von Frauen für Frauen wird oft allzu schnell nicht richtig ernst genommen, oder nur produziert, wenn sie in die U-Schublade passt. Und die Preisträger der renommierten und hochdotierten Literaturpreise sind deutlich öfter Männer als Frauen. Dass darüber gesprochen wird, ist gut und richtig. Doch man sollte auch all das betrachten und würdigen, womit Frauen den Buchmarkt bereits bestimmt und belebt haben und es heute mehr tun als je zuvor. Frauen erobern sich Spitzenpositionen in großen Verlagshäusern, so wie in den letzten drei Jahren Claudia Baumhöver bei dtv, Felicitas von Lovenberg bei Piper und Birgit Schmitz bei Hoffmann & Campe. Und es gibt die vielen wunderbaren Nischen, in denen Frauen mit enorm viel Engagement, Mut und Energie ihre Vorstellungen von guten Büchern verwirklichen und in denen eben jene Komplexität Raum bekommt, die gute Literatur ausmacht, ob sie nun speziell für und von Frauen geschrieben ist, oder sich an beide Geschlechter richtet. Sie alle angemessen vorzustellen, würde ein eigenes Heft füllen, dennoch wollen wir einige nennen:
Weniger ist mehr bei „edition fünf“: Der Verlag veröffentlicht seit 2010 wunderschön gestaltete Bücher von Autorinnen aus aller Welt, die bisher gar nicht, oder zu wenig auf dem deutschen Markt gewürdigt wurden. So entsteht allmählich eine vielseitige Bibliothek des weiblichen Erzählens. Seit 2004 gibt es den Elisabeth Sandmann Verlag, in dem jedes Jahr zwischen 12 und 15 Titel mit Frauenschwerpunkt erscheinen – hochwertig gestaltete Bücher vom Roman bis zum Bildband wie „200 Frauen – Was uns bewegt“, einem großartigen, weltumspannenden Fotoprojekt, an dem das Sandmann-Team mitgearbeitet hat (siehe S. 14).
Die Germanistin und Literaturwissenschaftlerin Brigitte Ebersbach gründete 1990 ihren Verlag edition ebersbach. 2015 hat Sascha Nicoletta Simon als Verlegerin die Nachfolge von Brigitte Ebersbach angetreten, die als beratende Seniorverlegerin weiterhin ihr Lebenswerk mitgestaltet. Den Schwerpunkt des Programms von jährlich knapp 20 Titeln bildet – trotz einiger Ausflüge in die Männerwelt – die Literatur von und über außergewöhnliche Frauen.
Als „Labor für Poesie als Lebensform“versteht sich der von Daniela Seel geführte Lyrikverlag KOOKbooks. Hier ist nicht nur Platz für Gedichte, sondern für alle möglichen Textformen, die sich fester Muster und Schemata entziehen, sowohl für interessante Frauen- als auch Männerstimmen. 1976 hieß der Verlag Antje Kunstmann noch Weismann Verlag – Frauenbuchverlag. Programmatisch für den Verlag in den 1970er- und 1980er-Jahren sind die Romane und Erzählungen von Alice Walker, Fay Weldon und Helke Sander, welche die Aufbruchsstimmung vor allem der Frauen dieser Jahre widerspiegeln. 1990 verließ Peter Weismann den Verlag und Antje Kunstmann führte ihn allein weiter. Gegenwärtig erscheinen pro Jahr etwa 45 Titel, hauptsächlich aus den Sparten Belletristik, Sachbuch, aber auch kunstvoll illustrierte Bücher, Kinder- und Hörbücher. Einen interessanten Überblick über weitere Frauen in der Verlagswelt vom Mittelalter bis heute bietet auch das Buch „Buchfrauen“von Edda Ziegler. Es finden sich darin unter anderem Porträts von Anna Vandenhoeck, die 1750 nach dem Tod ihres Mannes 37 Jahre lang den Wissenschaftsverlag Vandenhoeck & Ruprecht leitete, über Katharina Kippenberg, die um die Jahrhundertwende beim Insel-Verlag viel bewirkte, bis zur ehemaligen Suhrkamp-Chefin Ulla Berkéwicz. Vier weitere engagierte Buchfrauen mit unterschiedlichen Schwerpunkten stellt das BÜCHERmagazin in den folgenden Kurzinterviews vor.