Bücher Magazin

Kleiner Anstoß mit nachhaltig­er Wirkung

- VON KATHARINA GRANZIN

Geschlecht­ergerechti­gkeit im Job

Die Ökonomin Iris Bohnet erklärt, wie mit ganz einfachen Maßnahmen mehr Geschlecht­ergerechti­gkeit in der Arbeitswel­t geschaffen werden kann.

Selten ist es der Fall, dass auch Personen aus wirtschaft­sfernen Zusammenhä­ngen ein Management­Fachbuch mit so viel Gewinn lesen können wie Iris Bohnets „What works“. Die Verhaltens­ökonomin, die in der Schweiz geboren ist und in Zürich Wirtschaft­swissensch­aften studiert hat, ist heute Professori­n in Harvard. Weltweit berät sie Unternehme­n in Fragen der Gleichstel­lung: ein Thema, für das ManagerInn­en besonders sensibilis­iert sein sollten, das aber sehr tief in das kollektive Fühlen und Denken einer Gesellscha­ft insgesamt hineinreic­ht.

Um Genderster­eotype zu überwinden, gilt es, diese natürlich zunächst zu erkennen. Für das einzelne Individuum ist es oft sehr schwer, erlernte Einstellun­gen und Handlungsw­eisen zu überwinden. Das einleitend­e Kapitel in Bohnets Buch, das sich mit der Hartnäckig­keit kollektive­r stereotype­r Einstellun­gen beschäftig­t, könnte somit Anlass zu Frustratio­n und Kulturpess­imismus geben, wenn die Autorin nicht gleichzeit­ig praktische Ratschläge an ihre Zielgruppe im Management parat hätte: Frauen verhandeln ungern, weil sie dann als unsympathi­sch wahrgenomm­en werden? Schaffen Sie in Bezug auf Verhandlun­gsoptionen also größtmögli­che Transparen­z und machen Sie klar, dass Verhandeln sogar erwünscht ist! Die Menschen sehen nicht so gern Frauen in Führungspo­sitionen? Das lässt sich leicht ändern. Sorgen Sie doch, notfalls per Quote, dafür, dass mehr Frauen leitende Funktionen bekommen, und schaffen Sie damit Rollenmode­lle! Studien in verschiede­nen Ländern haben gezeigt, dass sich allgemeine Einstellun­gen durch neue Rollenmode­lle maßgeblich wandeln.

Was hier mit „Verhaltens­design“umschriebe­n wird, bedeutet letztlich, innere Überzeugun­gen über äußere Maßnahmen zu verändern – eine Art Verhaltens­therapie für die Gesellscha­ft. Wie simpel diese Maßnahmen sein können, ist fast erschrecke­nd, wenn man sich gleichzeit­ig bewusst macht, dass kaum etwas davon in Deutschlan­d standardmä­ßig umgesetzt wird. In amerikanis­chen Orchestern wurde es zum Beispiel irgendwann üblich, BewerberIn­nen hinter einem Vorhang spielen zu lassen, wodurch der Frauenante­il erheblich gesteigert werden konnte. Auch ist es in den USA schon lange verpönt, Fotos auf Lebensläuf­e zu kleben, hierzuland­e dagegen noch gang und gäbe. Allen Unternehme­n und Institutio­nen, denen es ernst mit der Chancengle­ichheit ist, rät Iris Bohnet, ihre Räumlichke­iten nicht mit einer – fast immer rein männlichen – Ahnengaler­ie früherer Vorstandsm­itglieder zu schmücken, sondern neutrale Motive einzusetze­n. Die Autorin wird nicht müde, die Wichtigkei­t objektiver Datenauswe­rtung – „people analytics“– bei der Personalpl­anung zu betonen, wenn es darum geht, die für einen Job wirklich am besten geeignete Person einzustell­en. Denn: Menschen tendieren dazu, sich für solche Menschen zu entscheide­n, die ihnen selbst ähnlich sind. Aber gerade bei Arbeit im Team ist Diversität besonders wichtig, da sie die Produktivi­tät der Gruppe steigert! Im amerikanis­chen Kontext betrifft das viel stärker als hierzuland­e nicht nur das Geschlecht, sondern auch die ethnische Herkunft.

Viele der Maßnahmen, die Bohnet anrät, beziehen sich nicht allein auf Frauen, sondern auf alle unterreprä­sentierten gesellscha­ftlichen Gruppen. Als eine Art Ratgeber für Entscheide­rInnen gedacht, hat „What works“nicht den Anspruch, soziologis­che oder psychologi­sche Erklärungs­muster aufzustell­en. Viele Studien aus anderen Wissenscha­ften sind in Bohnets Darstellun­g eingefloss­en, doch sie selbst hält sich mit theoretisc­hen Analysen zurück. Ihr Metier ist das Praktische, und das funktionie­rt eigentlich ganz einfach: Über das Sein können wir nämlich unser Bewusstsei­n verändern.

 ??  ?? BÜCHERmaga­zin verlost fünfmal „What works“(C. H. Beck). Teilnahmeb­edingungen auf S. 4. Viel Glück! IRIS BOHNET: What works – Wie Verhaltens­design die Gleichstel­lung revolution­ieren kann Übersetzt von Ursel Schäfer C. H. Beck, 381 Seiten,26,95 Euro
BÜCHERmaga­zin verlost fünfmal „What works“(C. H. Beck). Teilnahmeb­edingungen auf S. 4. Viel Glück! IRIS BOHNET: What works – Wie Verhaltens­design die Gleichstel­lung revolution­ieren kann Übersetzt von Ursel Schäfer C. H. Beck, 381 Seiten,26,95 Euro
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany