Schulterschluss in Zeiten des Umbruchs
Das Netzwerk „BücherFrauen“
Das Netzwerk „BücherFrauen“organisiert und initiiert Studien, Veranstaltungen, Symposien, Lesungen, Mentoringprogramme und bringt Frauen in der Branche zusammen. Auch die Autorin dieses Textes ist seit neun Jahren Mitglied.
Warum braucht die Buchbranche ein Netzwerk, das nur Frauen vorbehalten ist?! Als Mitglied bei den BücherFrauen wird man zwangsläufig mit dieser Frage konfrontiert. Jana Stahl, erste Vorsitzende des Vereins, sieht das so: „Dass 80 Prozent der Berufstätigen im Buchmarkt weiblich sind, schlägt sich nicht in den Führungspositionen nieder. Das Netzwerk wurde 1990 gegründet, um die Interessen der Frauen in der Branche zu stärken.“Jana Stahl studierte Buchwissenschaften und vergleichende Komparatistik; ist damit eine der vielen hochausgebildeten Frauen, die das Netzwerk stützen, unter anderem Lektorinnen, Bibliothekarinnen, Buchhändlerinnen, Verlegerinnen, Programmleiterinnen, Schriftstellerinnen und Journalistinnen sind dabei. Jana Stahl sagt, wie erleichternd es sei, wenn man über seinen Beruf spricht und nichts Grundsätzliches erklären muss. Das stimmt. Das Wissen eint, hier würde einen niemand darauf hinweisen, wie reich J. K. Rowling durch „Harry Potter“geworden ist, in der Realität sind faire Honorare gerade für Freiberuflerinnen ein wichtiges Diskussionsfeld. Als erste Organisation gab der Verein 2012 eine Studie über Arbeitsbedingungen und Bezahlung im Buchmarkt mit geschlechtsspezifischem Fokus in Auftrag: Der Gendergap ist noch größer als im allgemeingesellschaftlichen Vergleich, die leitenden Funktionen haben meist Männer inne, überproportional viele Frauen sind freiberuflich tätig. Rund 950 Mitglieder haben die BücherFrauen, in den letzten Jahren sind vermehrt jüngere Frauen hinzugekommen. Die Unsicherheit des Strukturwandels regt zur Zusammenarbeit an und Feminismus hat wieder Konjunktur. Im letzten Jahr war das Jahresthema der BücherFrauen „Herausforderung Strukturwandel“, 2018 wird es „68er, was bleibt?“sein. „Wir wollen dieses Jahr die Chance nutzen, die verschiedenen Generationen im Netzwerk zusammenzubringen“, sagt Jana Stahl. Das Verständnis, was genau Feminismus sei, ist auch in einem feministischen Verband von Frauen immer wieder Thema. Zum Beispiel bei einer Diskussion um gendergerechte Sprache kann es auf der Mailingliste auch hoch hergehen. Die Mails, die an alle BücherFrauen gehen, enthalten aber auch Fragen an das Schwarmwissen, Housesittingangebote oder Jobofferten, sie zeugen oft von außergewöhnlicher Solidarität und Vertrauen. Hinzu kommen Veranstaltungen, die die BücherFrauen initiieren. Die wichtigste, mit zuletzt zehn Workshops, weiteren Vorträgen und Symposien zum Jahresthema, ist die Jahresversammlung, die 2017 in Hamburg stattfand. In etlichen Regionalgruppen gibt es Mentoringprogramme. Eine etablierte BücherFrau steht ein Jahr lang einer Mentee zur Seite, die sich beispielsweise beruf lich innerhalb der Branche verändern möchte. Darüber hinaus werden Lesungen organisiert, ein Führungsfrauen-Rundgang auf den Buchmess e n b r i n g t Nachw uch s m it de n we i bl iche n Führungskräften aus den Verlagen zusammen. Jedes Jahr wird eine Frau um ihre Verdienste in der Branche ausgezeichnet, 2017 war dies die Schriftstellerin Nina George, als Beirätin des PEN, Verwaltungsmitglied der VG Wort und Initiatorin der verbandsübergreifenden Initiative Fairer Buchmarkt setzt sie sich politisch und gesellschaftlich für die Interessen der Autorinnen ein. Nina George ist ebenfalls Mitglied bei den „Mörderischen Schwestern“, unter den Berufsverbänden von und für Frauen, aber auch mit den geschlechtsübergreifenden wird vermehrt kooperiert und vermittelt. Das Netzwerk wächst, denn Zeiten großen Umbruchs fordern mehr Schulterschluss.