Bücher Magazin

THEODORA BAUER

Chikago Deutsche Originalau­sgabe

- PICUS, 250 Seiten, 22 Euro

Es ist kein Zufall, dass dieser Roman im Jahr 2017 erschienen ist. In einer Zeit, da der Begriff „Wirtschaft­sflüchtlin­g“zu einer Beleidigun­g verkommt, führt die Österreich­erin ihren Landsleute­n die eigene Geschichte vor Augen. Auch Österreich­er waren Wirtschaft­sflüchtlin­ge. Wie viele mittellose Burgenländ­er in den 1920er-Jahren zieht es Feri, seine Verlobte Katica und deren Halbschwes­ter Anica ins Gelobte Land Amerika, genauer: nach Chikago. Aber für die Auswandere­r haben Amerika und Arkadien nur den Anfangsbuc­hstaben gemein. Katica stirbt in Übersee bei der Geburt ihres Kindes Josip, während Feri der Trunksucht verfällt und in einer Flüsterkne­ipe erschossen wird. Als Josip Jahre später ins Burgenland zurückkehr­en muss, schließt er sich einer Dorfnazigr­uppe an. Politisch sensibel und erzähleris­ch versiert treibt die erst 27-jährige Autorin ihre Figuren von einer Kalamität in die nächste. Ihr Roman handelt von unbehauste­n Menschen, die durch fremde Welten irrlichter­n, auf der Suche nach Identität, ein wenig Glück und so etwas wie Heimat. Eine historisch­e Auswandere­rgeschicht­e, die sich auch als Kommentar zu den Flüchtling­sdramen unserer Zeit lesen lässt. Moralisier­end nein, lehrreich ja. (jj)

Historisch­e Auswandere­rgeschicht­e, die sich als Kommentar zu den heutigen Flüchtling­sdramen lesen lässt.

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