ELKE BRÜNS
Unbehaust Deutsche Originalausgabe
Während ich diese Rezension schreibe, sinken die Temperaturen draußen allmählich unter null. Vor dem Supermarkt sitzt ein Obdachloser. Ich bitte ihn nicht herein. Und das ist normal. Ist das nicht seltsam? Elke Brüns’ Essay könnte die Grundlage zu einer Kulturgeschichte der Obdachlosigkeit bilden. Der Obdachlose ist eine widersprüchliche Figur, unsichtbar und exponiert, das „dunkle, schmutzige Gegenbild (…) einer sich gegenwärtig zunehmend optimierenden Gesellschaft“, aber auch Projektionsfläche bürgerlichen Sehnens nach Freiheit und Abenteuer. Wir haben Angst vor dem sozialen Absturz und sehnen uns nach Einfachheit. In der Realität wurde Armut stets bestraft: mit Ausbeutung, Ausgrenzung, Gefangenschaft und – absurderweise – Geldstrafen. Die Fragen, die Elke Brüns stellt, sind ungemein spannend: „Welche Rolle spielen Behaustsein, Unbehaustsein, das Nomadische und die Mobilität heute? Welche Freiheit gilt es zu verteidigen, welchen Besitz, welche sozialen und welche inneren Werte? Wem gehört der öffentliche Raum? Wie viel Armut muss eine Gesellschaft ertragen, ohne sie an den Rand zu verbannen?
Welche Haltung haben wir angesichts der Not anderer und welche wäre die richtige?“(ed)
Elke Brüns analysiert die widersprüchliche Figur des Obdachlosen. Dieser Essay sollte viel länger sein.