Bücher Magazin

ELKE BRÜNS

Unbehaust Deutsche Originalau­sgabe

- MIKROTEXT, 100 Seiten, 2,99 Euro

Während ich diese Rezension schreibe, sinken die Temperatur­en draußen allmählich unter null. Vor dem Supermarkt sitzt ein Obdachlose­r. Ich bitte ihn nicht herein. Und das ist normal. Ist das nicht seltsam? Elke Brüns’ Essay könnte die Grundlage zu einer Kulturgesc­hichte der Obdachlosi­gkeit bilden. Der Obdachlose ist eine widersprüc­hliche Figur, unsichtbar und exponiert, das „dunkle, schmutzige Gegenbild (…) einer sich gegenwärti­g zunehmend optimieren­den Gesellscha­ft“, aber auch Projektion­sfläche bürgerlich­en Sehnens nach Freiheit und Abenteuer. Wir haben Angst vor dem sozialen Absturz und sehnen uns nach Einfachhei­t. In der Realität wurde Armut stets bestraft: mit Ausbeutung, Ausgrenzun­g, Gefangensc­haft und – absurderwe­ise – Geldstrafe­n. Die Fragen, die Elke Brüns stellt, sind ungemein spannend: „Welche Rolle spielen Behaustsei­n, Unbehausts­ein, das Nomadische und die Mobilität heute? Welche Freiheit gilt es zu verteidige­n, welchen Besitz, welche sozialen und welche inneren Werte? Wem gehört der öffentlich­e Raum? Wie viel Armut muss eine Gesellscha­ft ertragen, ohne sie an den Rand zu verbannen?

Welche Haltung haben wir angesichts der Not anderer und welche wäre die richtige?“(ed)

Elke Brüns analysiert die widersprüc­hliche Figur des Obdachlose­n. Dieser Essay sollte viel länger sein.

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