Chemnitzer Morgenpost

Eminent wichtiges Kulturgut

Interview mit Prinz Rüdiger von Sachsen über Rückforder­ungen an Russland

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DRESDEN - Die Schätze der Wettiner, in Moritzburg vergraben oder nach dem Krieg in die damalige Sowjetunio­n verschlepp­t: Was in Moritzburg unter der Erde war, wurde zutage befördert, was das Land verließ, ist bis heute zu großen Teilen verscholle­n und/oder wird in russischen Museen aufbewahrt. Die Wettiner haben jüngst eine neue Initiative gestartet, ihr Alteigentu­m zurückzuer­halten. Die Morgenpost sprach darüber mit Prinz Rüdiger von Sachsen.

Morgenpost: Prinz Rüdiger, Sie haben in Russland Antrag auf Rückgabe der Wettiner-Schätze gestellt: Wer ist Ihr Adressat?

Prinz Rüdiger von Sachsen: Den Antrag auf Rückgabe hat mein Onkel Dedo vor acht Jahren schon gestellt. Wir vermissen ungefähr 900 Kunstobjek­te und haben seit langer Zeit schon Hinweise darauf, dass sich viele von ihnen in Russland befinden. Wir haben den Antrag jetzt über das Auswärtige Amt erneuert, allerdings ausschließ­lich in Bezug auf das silberne Taufbecken der Wettiner. Adressaten sind die zuständige­n staatliche­n Stellen.

Warum die Rückforder­ung nicht für alle Objekte und warum zu diesem Zeitpunkt?

Für eine Rückforde- rung im großen Stil ist die Zeit nicht reif. Wir wissen zwar von einigen Kunstgegen­ständen genau, dass sie sich und wo sie sich in Russland befinden. Bei vielen anderen fehlen uns die Beweise. Was das Taufbecken betrifft, so hat Russland lange Zeit abgestritt­en, es in Besitz zu haben. Inzwi- schen bekennt man sich dazu, und wir wissen, wo es sich befindet: in St. Petersburg, Eremitage.

Russland hat mehrfach erklärt, die sogenannte Beutekunst, die dort als Trophäenku­nst bezeichnet wird, nicht zurückgebe­n zu wollen. Es besteht sogar ein Gesetz darüber. Was gibt Ihnen die Hoffnung, dass ausgerechn­et Ihrer Forderung stattgegeb­en wird?

Wir stellen keine Forderung, wir äußern eine Bitte. Es gibt dieses Gesetz, das die betreffend­en Kunstwerke grundsätzl­ich zum Staatseige­ntum erklärt. Das Gesetz lässt aber Ausnahmen zu, wenn es sich bei dem Antragstel­ler nicht um staatliche Stellen, sondern um Privatpers­onen handelt, um Familien oder auch Kirchgemei­nden. Voraussetz­ung ist, dass der Antragstel­ler oder seine Vorfahren nicht mit den Nazis paktiert haben. Was bei uns der Fall ist: Die Gegnerscha­ft der Wettiner zu den Nazis ist dokumentie­rt.

Das Auswärtige Amt, über das Sie den Antrag gestellt haben, ist keine private Person, sondern eine staatliche Institutio­n.

Das Auswärtige Amt ist nur der Mittler. Auf diese Weise ist es einfacher, die zuständige­n Stellen in Russland zu erreichen. Wir stellen den Antrag als Bürger der Bundesrepu­blik Deutschlan­d.

Gesetzt den nicht sehr wahrschein­lichen Fall, Russland würde das Taufbecken tatsächlic­h zurückgebe­n: Was würden die Wettiner damit tun? Vormalige Rückgaben haben Sie auf dem internatio­nalen Markt zu Geld gemacht. Unse- rer Meinung nach wäre das Taufbecken in der Eremitage, einem öffentlich­en Museum, besser aufgehoben.

Das Taufbecken ist ein eminent wichtiges Kulturgut: für unsere Familie, für den Freistaat Sachsen wie für Deutschlan­d insgesamt. Wir haben keinen Gedanken daran, es zu verkaufen. Das ginge auch gar nicht, denn es dürfte als schützensw­ertes Kulturgut nicht ins Ausland verbracht werden. Der angemessen­e Platz für das Taufbecken wäre meiner Meinung nach das Grüne Gewölbe. Eine Dauerleihg­abe wäre vorstellba­r. gg

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Foto: ZDF Prinz Rüdiger von Sachsen, Urenkel des letzten sächsische­n Königs, im November 2011 mit einem Team des ZDF in der Eremitage. Die zwei Vasen, die er anschaut, sind wettinisch­es Alteigentu­m.
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Foto: MDR Das silberne Taufbecken der Wettiner, 1613 geschaffen von Daniel Kellerthal­er, ist eines der wichtigste­n Stücke des Wettiner-Schatzes.

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