Wiedergeburt als Weingott
Hauptfigur der Dresdner Antikensammlung nach 74 Jahren erstmals zu sehen
geln - heiße Szenen in der Villa sind da vorprogrammiert ...
Das könnte für Stimmung unter den Damen sorgen: „Ich werde ungeduldig, wenn ich nicht die Aufmerksamkeit von jemandem bekomme, den ich toll finde“, sagt Helen (1,76 Meter groß, 55 Kilo leicht) aus Moritzburg. Bei 21 anderen Frauen, die in der Bachelor-Villa in Südafrika um die Gunst des schönen Mannes buhlen, ist Stress abzusehen. „Ich werde zickig, wenn mir jemand doof kommt“, sagt Helen.
Der Bachelor (englisch für „Junggeselle“) gefällt ihr. „Ich finde seine Augen interessant, und wenn er lacht, hat er Ausstrahlung“, sagt sie. Ihr Rezept: „Ich will einfach Helen sein: verrückt, durchgeknallt und liebevoll. Außer- DRESDEN - In 40 Einzelteile zerborsten war diese Hauptfigur der Dresdner Antikensammlung nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Sowjetunion zurückgekehrt. Ein Jahrhundert lang hatte sie als Abbild des Antinoos, Liebling des römischen Kaisers Hadrian, gegolten. Erstmals seit 74 Jahren wird die überlebensgroße Skulptur aus weißgelblichem Carrara-Marmor wieder in Dresden präsentiert - gründlich restauriert und wiedergeboren als Weingott Dionysos.
Für die am 6. Februar beginnende Ausstellung „Dionysos. Rausch und Ekstase“hat das zu neuer Schönheit erweckte Meisterwerk der Antike gestern seinen Ehrenplatz im Residenzschloss eingenommen. Restauratoren und Handwerker der Staatlichen Kunstsammlungen setzten die aus zwei Blöcken bestehende Statue mithilfe eines Spezialkranes passgenau zusammen. „Die kleinste Verkantung hätte wieder zu Beschädigungen führen können“, sagt Restaurator Reiner Thiel. Er gehörte zum Dresdner Team, das die mit dem Getty Museum Los Angeles konzipierte und von ihm auch finanzierte Restaurierung begleitete.
„Mit dem Getty Museum unterhalten wir langjährige gute Beziehungen“, sagt die amtierende Direktorin der Skulpturensammlung, Kordelia Knoll. Von 2008 bis 2010 wurde die Dresdner Antikenfigur in den Restaurierungswerkstätten der Getty Villa in Malibu (Kalifornien) wiederhergestellt und wissenschaftlich untersucht. „Dabei hat ein führender Wissenschaftler aufgrund von Vergleichsstudien auch die Umdeutung der Skulptur in ‚Dionysos‘ vorgenommen“, erklärt Kordelia Knoll. Ein Fach- kolloquium und eine Sonderausstellung im Getty Museum begleiteten das spektakuläre Projekt.
Schon einmal war die römische Statue umgedeutet worden. 1728 von August dem Starken in Rom als „Alexander der Große“erworben, wurde sie 1830 zu „Antinoos“. Verbunden war das jedes Mal mit entsprechend zeit- gemäßen plastischen Ergänzungen beziehungsweise deren Rücknahmen. Der aktuelle „Dionysos“präsentiert sich weitestgehend original antik. In der künftigen ständigen Antikenausstellung in der Osthalle des Zwingers wird er als eine der Hauptfiguren der Dresdner Sammlung zu sehen sein.