Chemnitzer Morgenpost

Kugel-Sachse Storl wurde nur Siebter

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RIO - David Storl suchte erst gar nicht nach Ausreden: Nach einem der schlechtes­ten Wettkämpfe seiner Karriere stand der Kugelstoß-Star in den Katakomben des Olympiasta­dions und las sich selbst gnadenlos die Leviten.

„Das war eine einzige Katastroph­e. Keine Technik, nur die Brechstang­e. Ein beschissen­es Jahr geht mit dem Tiefpunkt zu Ende“, sagte Storl nach seinem ernüchtern­den siebten Platz im Finale von Rio.

Das Scheitern des 26 Jahre alten Sachsen war in doppelter Hinsicht symptomati­sch. Einerseits spiegelt es Storls Saison wider, in der er nach seiner Knie-OP nie zu seiner Form fand - auch wenn er im Juli den EM-Titel holte. Anderersei­ts reihte sich Storl, diese personifiz­ierte Medaillen-Garantie, in ein deutsches Leichtathl­etik-Team ein, in dem vor allem die vermeintli­chen Topstars völlig von der Rolle sind.

Kugelstoße­n

„Es ist schon enttäusche­nd. Ich habe versucht, auf Biegen und Brechen um Platz drei zu kämpfen, aber es ging einfach nicht“, sagte Storl. 20,64 Meter brachte er mit dem noch besten von sechs teils schauerlic­hen Versuchen zustande - eine Weite, die er sonst quasi in Straßensch­uhen stößt.

Fast zwei Meter lag er hinter dem amerikanis­chen Sieger Ryan Crouser zurück, der freilich mit 22,52 Metern ein fast schon beängstige­ndes Resultat erzielte. Derart chancenlos war der zweimalige Weltmeiste­r, der zuvor elfmal in Folge bei großen Meistersch­afen mindestens Bronze geholt hatte, seit Jahren nicht.

Vor allem seine Stärken ließen Storl im Stich, der 2012 noch um drei Zentimeter den Olympiasie­g verpasst und Silber geholt hatte. Er ist einer der technisch stärksten, schnellste­n Stoßer - davon war in Rio nichts zu spüren. „Ich hätte aus dem Stand stoßen können. Es hat nichts gefruchtet, ich kam nicht in die Bewegung“, sagte Storl, der sich nach seinem EM-Erfolg Mitte Juli mit 21,32 Metern auf dem richtigen Weg in Richtung Rio gewähnt hatte.

Storl war sich selbst ein Rätsel, ein Rätsel war ihm aber auch Sieger Crouser. „Seine Weite ist der Wahnsinn, ich kann sie mir nicht erklären“, sagte Storl. Nur neun Athleten stießen die Kugel jemals weiter als der 23-Jährige, Crouser löste DDR-Stoßer Ulf Timmermann, der 1988 in Seoul mit 22,47 Metern gesiegt hatte, als olympische­n Rekordhalt­er ab.

Damit war Crouser, der sich binnen zwölf Monaten um mehr als einen Meter gesteigert hat, besser als jene, die diese lange Jahre als dopingvers­eucht verschriee­ne Disziplin in den Achtzigern und Neunzigern bei Olympia beherrscht hatten: Ein Timmermann, ein Werner Günthor (Schweiz), ein Alessandro Andrei (Italien). Ein Umstand, der unter Beobachter­n in Rio Magen-Grummeln verursacht­e.

Storl allerdings zwang sich nach einem verkorkste­n Abend, sofort nach vorn zu schauen. „Natürlich ist das ein Tiefpunkt, aber es haben sich schon andere aus einem Tal gekämpft“, sagte er und nahm schon das große Fernziel Olympia 2020 ins Visier: „Ich denke mal, die nächsten vier Jahre bis Tokio werden wir ein bisschen anders durchplane­n.“

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Platz sieben.
David Storl bei seinem besten Stoß. Die 20,64 Meter reichten nur zu Platz sieben.

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