Streit wegen 35 Millimetern
Geht es nach den Grünen, sind einige deutsch-sorbische Ortsschilder diskriminierend
Bürokratie kann manchmal Millimetersache sein. In Sachsen erleben das gerade die Sorben. Es geht um die zweisprachige Ausschildung im Siedlungsgebiet.
„Laut Staatsregierung ist es aufgrund von Normen nicht möglich, bei Ortstafeln die sorbische Bezeichnung der Orte in gleicher Größe anzuführen“, wundert sich Grünen-Landtagsabgeordnete Franziska Schubert (34) und wittert Diskriminierung.
Tatsächlich müssen oft in Sachsen sorbische Ortsbezeichnungen kleiner geschrieben werden als deutsche. Anders in Brandenburg: Dort ist die gleiche Schriftgröße bereits seit drei Jahren per Verordnung geregelt. In Sachsen aber, so Verkehrsminister Martin Dulig (43, SPD), finde auf den üblichen Ortstafeln an Straßen kein zweiter gleich großer Schriftzug von eigentlich vorgeschriebenen 126 Millimetern Platz. Denn die Tafeln (1260 x 840 mm) sind genormt. So kommt es, dass in Sachsen der deutsche Schriftzug 105 mm groß ist, der sorbische nur 70 Millimeter.
Dabei wäre eine gleich große Schrift laut Minister durchaus „anstrebenswert“, vor allem, weil das so im Sorbengesetz der Sächsischen Verfassung steht. Der Witz: „Wegweisende und touristische Beschilderungen“haben beide Sprachen gleich groß drauf. Schubert kann darüber nur den Kopf schütteln, wittert Diskriminierung. Denn die Posse hat noch einen Nebenaspekt: Schilder, die aus dem deutsch-sorbischen Gebiet heraus weisen, müssen nur deutsch beschriftet sein.
Wünscht das wer anders, müssten erst die sorbischen Namen der Orte „amtlich festgestellt werden, sofern neben der deutschsprachigen Bezeichnung auch eine ... sorbischsprachige historisch und in der Fachliteratur nachweisbar ist“, so das Ministerium.
Die Sorben selbst reagieren gelassen, aber konstruktiv zugleich, Marko Kowar, Geschäftsführer der Domowina: „Die aufgeführten Sachverhalte sind, denke ich, alle lösbar.“Grundsätzlich aber wäre eine gleiche Schriftgröße im wahrsten Sinne des Wortes „ein sichtbarer Beitrag zur Anwendung unserer Sprache“.