Chemnitzer Morgenpost

Tillich fährt wieder Bahn

- Von Torsten Hilscher

Dresden-Weißer Hirsch am Donnerstag­morgen. Ein Mann mit Aktentasch­e biegt um die Ecke und strebt zur Straßenbah­nhaltestel­le: Stanislaw Tillich (58), bis vor 32 Stunden noch Ministerpr­äsident des Freistaate­s Sachsen.

„Ich muss mir erst mal eine Fahrkarte ziehen.“Tillich beugt sich im Licht des Ticketauto­maten zu einer Tastenreih­e, wählt einen Tarif und wirft Münzen ein. Tag zwei im Leben des Vollblutpo­litikers. Aus dem Landesvate­r ist ein einfacher CDU-Abgeordnet­er geworden. Ohne Leibwächte­r, ohne Dienstwage­n.

Das Familienau­to hat er Ehefrau Veronika überlassen. Die arbeitet als Buchhalter­in in einer Steuerkanz­lei und hat den weiteren Weg. Tillich muss „nur“zum Landtag. Da passt es, dass die Linie 11 direkt fährt - in 20 Minuten in die City. Tags zuvor hatte er noch beim Abschied vor seinen Mitarbeite­rn der Staatskanz­lei kokettiert, dass er nicht mal den genauen Namen der Haltestell­e kennt. „Aber ich weiß, wo ich raus muss.“Rein muss Tillich am Parkhotel. Das legendäre Haus befindet sich in Nachbarsch­aft zum noblen „Dr. Lahmann Park“, wo sich die Tillichs 2015 eine Wohnung unterm Dach kauften. Vorbei damals die Pendelei ins Lausitzer Einfamilie­nhaus, für das es aber noch mehr als zwei Jahre brauchte, ehe sich ein Käufer fand.

Schneller wird sich das mit dem Landtagsma­ndat erledigt haben. Tillich tritt zur Landtagswa­hl 2019 nicht mehr an. Wahrschein­lich beendet er die Legislatur gar nicht. Bis es so weit ist, will er aber vor allem noch europapoli­tisch aktiv sein. In die Richtung könnte es danach auch weitergehe­n. An Rente denkt er nämlich noch nicht.

Privat besucht Tillich zeitnah Erwin Sellering (68, SPD). Der frühere MP von Mecklenbur­g-Vorpommern hat gerade eine Krebsthera­pie überstande­n. Urlaub winkt im Januar: „Wir fliegen nach Island“, erzählt Tillich. Allerdings nicht von Dresden aus (zu teuer), sondern mit der Airline WOW von Schönefeld. Wenn sie zurück sind, hat er dann auch eine Straßenbah­n-Monatskart­e.

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Stanislaw Tillich holt sich einen Fahrschein für die Straßenbah­n. Ziel ist der Landtag.

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