Kretschmer hilf! Afwohfer protestieren gegen Chemiefabrik in Wohnsiedlung
PIRNA - Ein Toter, zahlreiche Schwerverletzte, beschädigte Häuser - die Explosion beim Chemiehersteller Schill & Seilacher in Pirna-Neundorf Ende 2014 hat sich auf ewig eingebrannt. Weil die Unglücksanlage jetzt wieder aufgebaut wird (MOPO berichtete), läuft die Nachbarschaft Sturm. Mit einem Hilferuf an die Politik.
„Wir haben Angst um unsere Sicherheit“, beginnt ein Brief, der an Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (42, CDU) und seinen Parteifreund Landrat Michael Geisler (58) gerichtet ist. Noch einmal wird die Beinahekatastrophe geschildert, die zwar im Betrieb ein Menschenleben und Verletzte forderte, aber im Ort selbst wie durch ein Wunder niemanden traf. Äußerlich. Doch innerlich sind viele Anlieger traumatisiert. Darum heißt es im Brief: „Im laufenden Antragsverfahren plant die Firma Schill & Seilacher nun genau diese Anlage, die unter heutigen Bedingungen nur noch in einem Chemiepark genehmigt würde, wieder in Neundorf zu errichten und zu betreiben. Damit verbunden sind auch Anträge zur Erhöhungen der Werte für Geruchsund Lärmbelastungen. Erwähnenswert ist auch die geplante Produktionsmenge von 12 000 Tonnen unter Verwendung einer Vielzahl verschiedener Stoffe. Dies alles in einem Abstand von nur 30 Meter zum nächsten Wohnhaus!“
Tatsächlich ist die Ansiedlung der Fabrik speziell. Sie liegt in einer Kurve, unterhalb von Felswänden. Große Drücke können nicht frei in alle
Richtungen entweichen. Die Firma selbst beschäftigt eine PR-Agentur aus Dresden, um den Wiederaufbau zu begleiten und die Sicherheit der neuen Anlage zu betonen - nachdem der vorletzte, inzwischen geschasste, Betriebsleiter zu Funkstille verdonnert worden war. Parallel lief massive Lobbyarbeit bei den Stadträten in Pirna. Zum Teil mit Erfolg, so die Bürgerinitiative Neundorf als Unterzeichner des Briefs. Weil nun eine letzte wichtige Entscheidung im Landratsamt ansteht, erhofft sie sich wenigstens dort Gehör.