Löws Kritiker fordern eine taktische Neuausrichtung
FRANKFURT/MAIN - Joachim Löw lässt sich Zeit. Der Bundestrainer will nach dem niederschmetternden WM-Desaster „zunächst einmal zur Ruhe kommen“, wie Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff sagte, „alles einordnen, neu sortieren“.
Es gibt ja so viele Themen. Mesut Özil und die Erdogan-Affäre. Der Neuaufbau des DFB-Teams. Die Umgestaltung seines Trainerstabes. „Ich weiß, er wird alles hinterfragen“, sagte Bierhoff, „auch unseren Spielstil“.
Wenn Löw und Bierhoff am
24. August mit ihrer großen WM-Analyse beim DFB-Präsidium antreten, sollte der taktischen Neuausrichtung eine zentrale Rolle zukommen. Der Ballbesitzfußball, das hat die WM in Russland gezeigt, ist am Ende.
Mannschaften, die diesen Stil für „das allein Glückseligmachende“hielten, seien abgestraft worden, sagte Leipzigs Trainer Ralf Rangnick: „Ohne Tempo, ohne Hochschalten in den sechsten, siebten Gang gewinnst du heute nicht einmal gegen Panama oder Südkorea.“Wie die DFB-Elf - eines der Teams, die sich laut Rangnick am Ballbesitz „so lange ergötzt“haben, bis sie plötzlich ausgeschieden waren.
Was das konkret bedeutet, erläuterte der neue Bayern-Coach Niko Kovac. „Ohne Geschwindigkeit bringt Ballbesitz heutzutage nicht mehr viel“, sagte er. Das weite Aufrücken im Zuge endloser Kombinationen berge zudem die Gefahr, ausgekontert zu werden - wie es der deutschen Mannschaft so oft widerfuhr.
Das Gegenmittel? „Früher hieß es, die Großen fressen die Kleinen. Heute heißt es: Die Schnellen fressen die Langsamen“, sagte Kovac: „Der Trend geht eindeutig in Richtung Spieler, die die Fähigkeiten eines Sprinters mit denen eines Jongleurs kombinieren.“