Plötzlich stand der Haftbefehl im Internet
CHEMNITZ - Was kommt da noch? Nach dem gewaltsamen Tod von Daniel H. (†35) und den Ausschreitungen in Chemnitz haben Rechtsradikale den Haftbefehl gegen den Hauptverdächtigen im Netz veröffentlicht. Wurde er von Polizei oder Justiz durchgestochen?
Es ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die der sächsischen Justiz und Polizei PEGIDA-Nähe vorwerfen, von „Pegizei“sprechen: Unter anderem von ProChemnitz, AfD und von PEGIDA-Chef Lutz Bachmann (45) wurde der Haftbefehl gegen den tatverdächtigen Iraker (22) in sozialen Medien geteilt. Teils nur notdürftig geschwärzt. Darin: viele Details zum Tathergang und auch die Anschrift des Verdächtigen. Das Schriftstück gilt als authentisch, so die Behörden.
Ein peinliches Datenleck für Sachsens Sicherheitsbehörden: „Das ist verwerflich und das ist strafbewehrt, was da passiert ist“, so Ministerpräsident Michael Kretschmer (43, CDU). „Wir werden versuchen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.“Justizminister Sebastian Gemkow (40, CDU): „Hier tun diejenigen, die solche Dinge veröffentlichen, den Opfern keinen Gefallen.“
Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (44, SPD): „Anscheinend wurde der Haftbefehl von der Justiz oder Polizei durchgestochen an rechte Kreise. Das ist ein ungeheuerlicher, skandalöser Vorgang.“Dies dürfe einem Rechtsstaat nicht passieren. Man müsse sich fragen, inwieweit im Innenleben von Polizei und Justiz alles stimme. Klaus Bartl (67, Linke): „Es lässt erahnen, wohin diese Republik treibt, wenn so etwas mehrheitsfähig wird.“
Schon öfter standen sächsische Polizisten unter Verdacht, Kontakte in die rechte Szene zu pflegen. Interna landeten z.B. bei NPD und LEGIDA. PEGIDA-Mann Bachmann etwa rühmt sich, beste Kontakte zur Polizei zu haben. Und dann ist da noch die Affäre um den LKA-Mitarbeiter und das ZDF-Team ...