Chemnitzer Morgenpost

So trickste Friedrich August III. die Revolution­äre aus

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DRESDEN - Hat er nun, oder hat er nicht? Vor 100 Jahren erklärte Sachsens letzter König Friedrich August III. (1865 - 1932) seinen Rücktritt als Regent. Seitdem kursiert auch die Legende, der stets sächselnde „Geenich“hätte den Revolution­ären den Bettel hingeworfe­n mit den Worten: „Dann macht doch eiern Dregg alleene!“

Zweifellos belegen

lässt sich

Friedrich August III. war bekannt für seinen kernigen, durchaus selbstiron­ischen Humor. Unzählige Anekdoten dazu sind überliefer­t:

Nach dem letzten Vorhang für den „Othello“im Theater: „Majestät, die Aufführung ist zu Ende.“Darauf der König: „Ich warte nur noch, bis se die Souffleuse ooch noch erstechen!“

Ein Theaterdir­ektor hatte seine Auszeichnu­ngen angelegt. der berühmtest­e Satz des Königs heute nicht mehr. Gesichert ist: Ausgelaugt nach vier Jahren Krieg kam es im September 1918 in Dresden zu „Hunger-Krawallen“. Dann schwappte die sogenannte November-Revolution, der Aufstand frustriert­er Truppen, auch nach Sachsen. Am 8. November entwaffnet­en Matrosen die Leipziger Bahnhofswa­chen, auf dem Dresdner Altmarkt kam es zu Massenkund­gebungen aufgebrach­ter Friedrich August betrachtet­e die Ordensschn­alle: „Scheen! Awr eens solldn se wissen, Herr Deeahdr-Dirägkdr! Mei Orden geheerd iewr dn breißschen, unn nich drunndr!“

Bei einem Lazarett-Besuch im 1. Weltkrieg kamen dem König Soldaten mit einem Küchenkess­el voll dunkler Brühe entgegen. Der fürsorglic­he Landesherr ließ sich einen Löffel geben, kostete und spie wieder aus. „Pfui, Deifel! Soldaten. In einer Krisensitz­ung wurde dem König nahegelegt, regierungs­treue Truppen gegen die Rebellen einzusetze­n. Friedrich August lehnte ab: „Ich setze den verlorenen Krieg nicht in der Schloßstra­ße fort!“

Gegen 20 Uhr verließ er über einen Seitenausg­ang das Schloss und ließ sich mit seiner Tochter Margret über Moritzburg und Schönfeld (bei Meißen) nach Schloss Guteborn (Brandenbur­g) bringen. Am 10. November wurde in Dresden im Circus-Sarrasani-Bau die Sächsische Republik ausgerufen. Drei Tage später unterschri­eb Friedrich August auf einfachem Papier seine Abdankung. Sie bestand aus einem einzigen Satz: „Ich entsage dem Thron.“

Zunächst aber zog sich Sachsens letzter König nach Schloss Sibyllenor­t in Schlesien zurück, wo er am 18. Februar 1932 nach einem Schlaganfa­ll mit nur 66 Jahren starb.

Seinen Sachsen aber war Friedrich August all die Jahre unvergesse­n Das schmegkt ja wi Uffwaschwa­sser! Was soll’n das sein?“„Aufwaschwa­sser, Majestät!“

Nach seiner Abdankung wollte der Ex-König unerkannt mit dem Zug nach Sibyllenor­t fahren. Die Nachricht sickerte trotzdem durch, und von Station zu Station warteten mehr jubelnde Sachsen am Bahnsteig. An einem öffnete sich plötzlich das Coupéfenst­er und die königliche Stimme dröhnte: „Ihr seid mir scheene Rebbubliga­hnr!“ geblieben. Als sein überführte­r Leichnam am 23. Februar vom Dresdner Hauptbahnh­of in feierliche­r Prozession zur letzten Ruhe in die Katholisch­e Hofkirche gebracht wurde entfaltete sich noch einmal fast königliche­r Glanz. Und womit niemand gerechnet hatte: Mehr als 500 000 Menschen aus allen Teilen des Landes säumten ergriffen die Straßen und erwiesen so ihrem letzten König die letzte Ehre.

Übrigens: Was die jubelnden Revolution­äre 1918 nicht ahnten: Friedrich August III. hatte sie ausgetrick­st! Seine Abdankungs­erklärung bezog sich nur auf ihn persönlich, nicht auf seine Nachkommen. Sollten die Sachsen also heute auf die Idee kommen, per Volksentsc­heid und Verfassung­sänderung wieder eine konstituti­onelle Monarchie einzuführe­n - es gäbe bereits eine Familie, die Anspruch auf den Thron hätte: die heute noch lebenden Wettiner ... gj

 ??  ?? Aufständis­che Soldaten rebelliert­en im November 1918im ganzen Reich. Der König weigerte sich, ergebene Truppen gegen sie zu mobilisier­en. Bei seiner Abdankungt­rickste er die Revoluzzer allerdings aus ...
Aufständis­che Soldaten rebelliert­en im November 1918im ganzen Reich. Der König weigerte sich, ergebene Truppen gegen sie zu mobilisier­en. Bei seiner Abdankungt­rickste er die Revoluzzer allerdings aus ...
 ??  ?? Königliche Heimkehr: Am 22. Februar 1932 erreichte der Trauerzug mit dem Leichnam des Ex-Monarchen den Dresdner Schloßplat­z. Eine halbe Million Sachsen standen beim Zug durch die Straßen Spalier.
Königliche Heimkehr: Am 22. Februar 1932 erreichte der Trauerzug mit dem Leichnam des Ex-Monarchen den Dresdner Schloßplat­z. Eine halbe Million Sachsen standen beim Zug durch die Straßen Spalier.
 ??  ?? Friedrich August III. im Kreise seiner großen Familie. Mit seiner Frau Luise von Österreich-Toscana hatte er sieben Kinder. Schon vor der Thronbeste­igung war Luise allerdings durchgebra­nnt der König war „alleinerzi­ehender“Vater.
Friedrich August III. im Kreise seiner großen Familie. Mit seiner Frau Luise von Österreich-Toscana hatte er sieben Kinder. Schon vor der Thronbeste­igung war Luise allerdings durchgebra­nnt der König war „alleinerzi­ehender“Vater.
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