Der Marathon-Mann Kretschmers un ermüdliche Sachsentour
DRESDEN - Auf Fotos wirkt er immer wie gehetzt. Ist er auch. Denn seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr düst Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (43, CDU) unentwegt durchs Land und scheut dabei nicht den direkten Kontakt zum Bürger. Die Opposition hadert dennoch mit seinem Regierungsstil.
Wenn er die Staatskanzlei betritt, dann nutzt er nicht wie seine Vorgänger den Seiteneingang, sondern wie alle anderen das Hauptportal. Fährt er im Dienstwagen, bahnt ihm kein Blaulicht den Weg. Kretschmer macht viele Termine allein und ohne Rummel. Oft greift er selbst zum Hörer, ruft Bürgermeister an oder Leute, die ihm E-Mails geschrieben haben. Nahezu sieben Tage in der Woche ist der junge Regent unterwegs, um die Stimmung im Land wieder zu drehen. Seine Mission: Rechts von der CDU gibt es keine wählbare Alternative!
„Hansdampf in allen Gassen“, nennt ihn der Linken-Fraktions-Chef Rico Gebhardt (55). Er kritisiert aber, dass Kretschmer zwar mit beiden Händen die Steuermilliarden rauswerfe, die seine Vorgänger in übertriebener Sparsamkeit angehäuft hätten, allerdings „ohne einen Plan oder irgendeine weiterführende Idee für Sachsen zu haben“.
Die Grünen vergleichen Kretschmer mit einem Chamäleon. Je nachdem, vor welchem Publikum er auftrete, sage er den Leuten, was sie gerade hören wollen, meint Fraktions-Chef Wolfram Günther (45) und spricht von „Zusagen an alle und jeden“.
Jubiläums-Kritik kommt auch von der AfD: Die dringendsten Probleme Sachsens wie Lehrermangel, zu wenige Polizisten, überfüllte Gefängnisse oder lahmes Internet seien mit Kretschmer nicht kleiner, sondern größer geworden, schätzt AfDChef Jörg Urban (54) ein.
SPD-Chef Martin Dulig (44) bescheinigt der Ära Kretschmer hingegen eine Aufbruchstimmung: „Seitdem sind Dinge möglich, die früher mit der Union nicht möglich waren.“ Auftritt auf gesellschaftlichem Parkett: Michael Kretschmer und Ehefrau Annett begrüßen hier Fürst Albert II. von Monaco.