Deutschland braucht 10 Millionen über Zuwanderer
BERLIN/GÜTERSLOH - Ärztemangel, Pflegenotstand, Fachkräfte-Engpässe im Handwerk, Tausende Landwirte vor dem Rentenalter: Der deutsche Arbeitsmarkt braucht laut einer Studie mittel- und langfristig Jahr für Jahr mindestens 260 000 Zuwanderer - summa summarum über zehn Millionen bis 2060.
In einer alternden Gesellschaft wird das Angebot an Arbeitskräften ohne Migration bis zum Jahr 2060 um rund 16 Millionen Personen - also um fast ein Drittel - massiv schrumpfen, prognostiziert eine Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Die Studie geht davon aus, dass die Einwanderung aus anderen EU-Ländern im Vergleich zu den vergangenen Jahren künftig abnehmen wird.
Der Grund: In Europa dürften sich allmählich Wirtschaftskraft und Lebensqualität angleichen - und damit würde der Reiz sinken, zur Arbeit nach Deutschland zu kommen. Die Folge: Die Bedeutung einer Zuwanderung aus außereuropäischen Drittstaaten wachsen, sind die Studienautoren des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung sowie der Hochschule Coburg überzeugt.
So kalkuliert die Untersuchung: Im Jahresdurchschnitt hält sie 114 000 Zugänge aus dem EU-Ausland und 146 000 aus Drittstaaten für nötig, um den demografiebedingten Rückgang des Arbeitskräfte-Angebots auf ein „für die Wirtschaft verträgliches Maß“zu begrenzen. Dabei gilt: In dem Maße, in dem der Zuzug aus der EU abnehmen wird, wächst der Bedarf an Immigranten aus Drittstaaten.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hält die Studie für „realistisch“. „Schon heute scheiden jedes Jahr rund 300 000 mehr Menschen aus dem Erwerbsleben aus, als junge Leute die Schule verlassen“, sagte DIHK-Vize Achim Dercks (51) der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Nach seinen Angaben sehen über 60 Prozent der Unternehmen im Fachkräftemangel das derzeit größte Risiko für ihre Geschäftsentwicklung.