„Misserfolge nagen sehr an mir“
GELSENKIRCHEN - In der vergangenen Saison führte Domenico Tedesco Schalke 04 als Trainer-Neuling überraschend zur Vizemeisterschaft. Jetzt durchlebt er beim Traditionsklub die erste Krise seiner Karriere. Im Interview spricht der 33-Jährige über extreme Erfahrungen innerhalb kürzester Zeit und Gründe für den Schalker Absturz.
Vor einem Jahr haben Sie gesagt, Ihr persönlicher Aufstieg vom Abstiegskampf in der 2. Liga bis in die Champions League sei in Lichtgeschwindigkeit erfolgt. Ging es auch in Lichtgeschwindigkeit bergab?
Tedesco: „Ich kann das schon ganz gut einordnen. Vor etwas mehr als zwei Jahren wusste ich noch nicht, wie und ob es überhaupt weitergehen würde im Fußball. Da hatte ich in Hoffenheim gesagt, dass ich zum Saisonende als ,U 19‘-Trainer aufhören würde - und zwar ohne dass ich schon einen anderen Job in der Hinterhand hatte. Es ist ein riesiges Privileg, hier Trainer sein zu dürfen.“
Wie gehen Sie mit Misserfolgen um?
Tedesco: „Die Spiele, die wir verlieren, nagen sehr an mir. Vor allem, wenn du am Anfang fünf am Stück verlierst, dann tut jede Niederlage, die dazu kommt, immer mehr weh.“
Hat die Mannschaft gegenüber der letzten Saison mehr Qualität verloren, als man glaubte?
Tedesco: „Natürlich sind mit Leon Goretzka, Thilo Kehrer und Max Meyer Qualitätsspieler gegangen. Erst wenn sie nicht mehr da sind, merkt man, wie groß die Lücke ist. Wir hatten aber insgesamt eine hohe Fluktuation. Breel Embolo fällt lange aus, dann Guido Burgstaller, Bastian Oczipka, Benjamin Stambouli und Alessandro Schöpf. Dazu hat uns Naldo verlassen.“
Viele Neuzugänge leisten nicht das, was auch Sie erwartet haben. Woran liegt das? Sind es die falschen Spieler? Tedesco: „Salif Sane macht nahezu jedes Spiel. Er hat seine Qualitäten, genauso wie Mark Uth, Suat Serdar oder Sebastian Rudy. Das Problem ist einfach: Egal, welchen Spieler du holst, wenn die ersten fünf Spiele in die Hose gehen, wird es für die Neuen immer schwer. Und auf Schalke ist es vielleicht noch einen Tick schwerer.“
Kritiker sagen, in den letzten zweieinhalb Jahren wurde für viel Geld eingekauft, die Mannschaft ist aber nicht besser. Wie sehen Sie das?
Tedesco: „Sie ist jünger geworden - definitiv. Aber wir wussten nicht, dass es so schwierig werden würde. Doch wir jammern nicht, sondern nehmen die Situation an, wie sie ist - und werden sie auch gemeinsam meistern.“