Der Killer von St. Pauli
Bei der Berlinale feierte der neue Film von Fatih Akin („Tschick“) kürzlich seine Premiere und polarisierte. Immerhin erzählt er in seinem ersten Horrorfilm von einem Serienmörder, der Frauen brutal umbringt.
Schon bei der ersten Szene muss man schlucken und tief durchatmen. Denn in einer unfassbar ranzigen und abstoßenden Wohnung liegt eine Leiche auf dem Bett. Der Täter ächzt und stöhnt und trinkt sich mit Schnaps noch etwas Mut an, dann sägt er dem Frauenkörper den Kopf ab. Dazu hat er sich eine Schallplatte aufgelegt: Adamos „Es geht eine Träne auf Reisen“. Es ist der Auftakt für Akins Serienmörder-Porträt, das auf Heinz Strunks erfolgreichem Tatsachenroman basiert - Fritz Honka brachte in der 70er-Jahren in Hamburg vier Frauen um.
Der erst 23-jährige Jonas Dassler schlüpft mit dicker Maske in diese Rolle und verleiht Honka eine beeindruckende Präsenz. Er humpelt und nuschelt, er läuft mit eingezogenen Schultern und schlägt dann völlig unerwartet brutal zu. Dieser Quasimodo ist ein einsamer, aggressiver und alkoholkranker Mann, der Schnaps trinkt wie andere Wasser. Seine Opfer trifft er in der Kiezkneipe „Zum Goldenen Handschuh“auf St. Pauli, in der nichts glänzt.
Selten war eine Kinoleinwand über zwei Stunden lang so eklig anzusehen. Honkas Wohnung ist so wider- wärtig, dass man den Geruch verwesender Leichen, die er in seiner Dachgeschosswohnung bunkert, fast im Kinosaal zu riechen glaubt. Dabei ist es für das Publikum aber nicht nur eine heftige Herausforderung - dank pointierter Dialoge, markiger Sprüche und grotesk überzeichneter Situationen wird manch ein Zuschauer immer wieder laut auflachen.
Trotzdem hat „Der Goldene Handschuh“auch Schwächen. Gera- de in der zweiten Hälfte bewegt er sich erzählerisch wenig voran und stellt die Kaputtheit zu sehr aus. Dennoch lassen einen der Horror, der Ekel und die Körperlichkeit des Films nicht los. „Der Goldene Handschuh“ist ein Kinoerlebnis, das man so schnell nicht wieder vergisst - egal, ob man Akins Werk etwas abgewinnen konnte oder es rigoros ablehnt. Fazit: Brutale Milieustudie.