Wegen Putin-Kuschelkurs Polnischer Landes-Chef liest Ministerpräsid ent Kretschmer die Leviten
DRESDEN/BRESLAU Sachsen und Polen sind schon lange ziemlich beste Freunde. Doch wenn es um politische und historische Zusammenhänge geht, kennen unsere Nachbarn keinen Spaß, wie jetzt Ministerpräsident Michael Kretschmer (44, CDU) feststellen musste. Wegen seiner Ansicht zu den Sanktionen gegen Russland bekam er einen geharnischten Brief aus dem Marschall-Amt der Region Niederschlesien.
„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich möchte hiermit meine tiefe Beunruhigung im Zusammenhang mit Ihren kürzlich getätigten Äußerungen im Rahmen des St. Petersburg International Economic Forum am vergangenen Wochenende in St. Petersburg zum Ausdruck bringen“, beginnt der Brief. Geschrieben und per Twitter verbreitet hat ihn kein Geringerer als Cezary Przybylski (62, parteilos), Kretschmers Gegenüber in dem polnischen „Bundesland“.
Die Woiwodschaft Niederschlesien gehört nach eigenen Angaben zu den leistungsstärksten Regionen Polens. Dort leben rund drei Millionen Menschen, Hauptstadt ist das frühere Breslau (heute Wroclaw).
Weil Kretschmer ein Ende der Sanktionen gegen Russland gefordert hatte und zugleich für die von Polen gefürchtete Gasleitung Nordstream 2 eintrat, erinnert ihn Marschall Przybylski an das russische „Wirken“in der Ukraine. Eine Folge sei die Flucht vieler Ukrainer ins polnische Niederschlesien. Grundsätzlich rufe die Annexion der Krim „eindeutig negative Erinnerungen hervor“(Polen wurde 1939 von der Sowjetunion und Deutschland überfallen und geteilt). Anschließend lädt der Marschall Kretschmer nach Dniepropetrowsk, der Partnerregion Niederschlesiens ein, um sich ein Bild der Kriegsfolgen zu machen. Kretschmer antwortete prompt - ebenfalls per Brief via Twitter: In Sachen Ukraine teile er die
Sorge des Marschalls und habe im Übrigen gegenüber Russlands Präsident Putin auch dieses Thema angesprochen. Es sei aber wichtig, mit Russland im Gespräch zu bleiben. Die polnischen Sorgen zur Gasleitung überzeugten ihn „regelmäßig nicht“... Auf die Einladung aus Breslau geht er nicht ein.
Unterdessen gibt es neue Erkenntnisse zu den Sanktionen: Nach Ansicht des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle stellen sie keine unverhältnismäßig starke Belastung für die ostdeutsche Wirtschaft dar.