Sind viele Raser-Knöll chen in Sachsen ungültig?
Das sogenannte „Blitzer-Urteil“des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs ist keine 20 Tage alt, sorgt aber bundesweit für mächtig Wirbel. Es besagt, dass Messdaten aus bestimmten Geräten nicht verwertbar sind. Prompt hat die Blitzer-Diskussion auch Sachsen erfasst: Das Amtsgericht Pirna befasste sich gestern erstmals damit. Tausende Fälle dürften folgen.
Anwalt Hans-Hubert Hüsken (68) war im Benz in Pirna geblitzt worden. „Mit der Laserpistole LTI Truspeed“, so der langjährige Jurist, der statt erlaubter 30 satte 59 km/h auf dem Tacho hatte. Gegen den Bußgeldbescheid (100 Euro und ein Punkt in Flensburg) legte Hüsken Einspruch ein. Gestern saß er vor Jürgen Uhlig (62), erfahrener Amtsrichter in Sachen Raser. Eigentlich ein Allerweltsfall. Aber diesmal war alles anders.
Denn Hüsken pochte auf das Urteil aus Saarbrücken (Lv7/17): „Das Gerät erfasst keine Rohmessdaten. So ist nichts nachvollziehbar“, sagte der Anwalt. „Genau dadurch sieht der Verfassungsgerichtshof kein faires rechtsstaatliches Verfahren. Eine Verurteilung kann auf dieser Grundlage nicht erfolgen.“Gemeint sind damit exakte weitere Vergleichsfotos aus dem Messbereich.
Richter Uhlig war das Urteil freilich bekannt. Zwar ging es da um das Modell Traffistar S330. Aber auch die LTI Truspeed erfasst keine Rohdaten! Bislang hätten Temposünder „nur“Handhabung oder Eichung des Gerätes moniert. „Es kommt am Ende auch auf die Überzeugung des Gerichtes an“, so Uhlig. „Aber was die Kollegen aus dem Saarland notierten, ist nicht von der Hand zu weisen.“Uhlig stellte das Verfahren ein, Hüskens Punktkonto bleibt blütenweiß. „Ich wäre aber bei einem Urteil bis vors OLG gezogen“, so der Anwalt, der wie der Richter ahnt, dass sich das oberste Gericht in Sachsen künftig mit zahlreichen solchen Fällen beschäftigen muss.
Schon, weil der ADAC nach dem Saarbrücker Urteil rät, unbedingt Einspruch gegen Bußgeldbescheide einzulegen und einen Anwalt zu konsultieren. „Denn es betrifft mehr als einen Gerätetypen“, erklärte Sprecherin Birgit Schikora.
So gesehen, hat sich die Dresdner Polizei wohl zu früh gefreut: „Das Gerät, um das es im Urteil von Saarbrücken ging, ist bei uns gar nicht im Einsatz“, sagte Sprecher Marko Laske. „Allerdings ist besagtes LTI-Gerät in jedem Revier vorhanden ...“Notfalls muss gar der Freistaat entscheiden, Geräte, die keine Rohdaten aufzeichnen, aus dem Verkehr zu ziehen. sts