Brexit-Drama im Briten-Parlament
LONDON - Eine Art Kleinkrieg beherrschte gestern das britische Parlament: Knapp zwei Monate vor dem Brexit liegen die Nerven bei vielen Briten blank. Wird es schon bald eine Neuwahl geben?
Der britische Premierminister Boris Johnson (55) will am 15. Oktober ein neues Parlament wählen lassen, sollten ihm die Abgeordneten den Weg zu einem No-Deal-Brexit versperren. Das kündigte Johnson in seiner ersten Fragestunde im Unterhaus an, der er sich als Premier regelmäßig stellen muss. Weniger als 60 Tage vor dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union wirkte er bei seinem Auftritt nervös und verhaspelte sich oft. Johnsons größtes Problem: Die Abgeordneten stimmten gestern mehrheitlich für ein Gesetz, das einen No-Deal-Brexit am 31. Oktober verhindern soll.
Johnson ist auf die Zustimmung der Opposition angewiesen, um eine Neuwahl auszulösen. Denn dafür ist eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig. Die Opposition zeigt sich jedoch zögerlich, weil sie fürchtet, Johnson könnte den Wahltermin nach einer Abstimmung nachträglich auf einen Termin nach dem EU-Austritt verschieben, um doch noch einen Brexit ohne Abkommen zu erreichen.
Johnson will Großbritannien am 31. Oktober aus der EU führen - „komme, was wolle“. Bei einem No-DealBrexit werden große Schäden für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche befürchtet.
Für die Gegner eines ungeregelten Brexits gab es indessen einen Rückschlag: Das oberste schottische Zivilgericht wies eine Klage gegen die von Johnson erwirkte mehrwöchige Zwangspause des Parlaments ab. Das Gericht fühlt sich für diese Streitfrage nicht zuständig. Geklagt hatten etwa 75 Parlamentarier. Sie sehen in der von Johnson angestrebten wochenlangen Schließung des Unterhauses vor dem EU-Austritt des Landes Ende Oktober eine unzulässige Einschränkung des Parlaments.