Heute Respekt, Hass war gestern!
HAMBURG - Es ist der 21. Juni 1988, die aufgeladene Stimmung ist für die 56 110 Zuschauer im Hamburger Volksparkstadion fast mit Händen zu greifen. Im EM-Halbfinale schlägt die große Rivalität zwischen Deutschland und den Niederlanden in offenen Hass um.
„Wir fressen sie auf!“, brüllt Oranje-Kapitän Ruud Gullit. Und Ronald Koeman wischt sich im Rausch über den 2:1-Sieg mit dem deutschen Trikot von Olaf Thon den Hintern ab. Was für ein Eklat!
31 Jahre später treffen die beiden Nachbarländer wieder in Hamburg aufeinander, doch ein Skandal ähnlicher Größenordnung ist im wegweisenden EM-Qualifikationsspiel morgen (20.45 Uhr/ RTL) nahezu ausgeschlossen. „Das ist doch lange her“, sagt der heutige Bondscoach Koeman, und auch Thon erwartet auf dem Platz und den Rängen ein friedliches Fußballfest: „Damals war der Hass groß, heute begegnen sich beide Nationen mit Respekt auf Augenhöhe.“
Die große sportliche Feindschaft zwischen „Käskopp“und „Moffe“ist nur noch ein Relikt der Vergangenheit. Ihre Wurzeln liegen im Zweiten Weltkrieg, sportliche Nahrung bekam sie erstmals im WM-Finale 1974. Vor dem Endspiel stim die Niederländer um Joh Cruyff in der Kabine Triumphgeheul an, „d hat uns damals erst rich tig aufgestachelt“, erinnert sich Paul Breitner. Im WM-Achtelfinale 1990 brannten Frank Rij kaard die Sicherunge durch, als er in Rudi Völlers Lockenmähne spuckte.
Die heutigen Spieler auf beiden Seiten kennen die große Rivalität fast nur vom Hörensagen. Als „die wirklichen Schlachten“ausgetragen wurden, sagt Stürmer Timo Werner, „war ich noch gar nicht geboren“. Und doch ist es kein Vergleich zu früher. DFB-Direktor Oliver off klingt erleichtert, nn er über das deutlich entspanntere Verhältnis zum Nachbarn spricht. „Zu meiner Zeit war Krieg zwischen Spielern und Fans“, sagt der Europameister von 996, „heute ist alles riedlich.“Auch deshalb zog es das DFB-Team zum Länderspiel-Lehrgang im Juni ins niederländische Venlo, wo man „herzlich aufgenommen“wurde. In den 1980er- und 1990er-Jahren wäre das noch unmöglich gewesen.