Chemnitzer Morgenpost

Wir wollen keinen verlieren“

Dresdner Clubs trotzen mit Live-Streams der Corona-Krise

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Unbeschwer­t ausgehen, Konzerte erleben und bis in die frühen Morgenstun­den zu engagierte­n DJ-Gigs tanzen - im Nachtleben einer Stadt wie Dresden scheint das eigentlich selbstvers­tändlich. Dass all diese kulturelle­n Angebote jedoch nicht vom Himmel fallen, merken viele erst jetzt, im Stillstand durch die Corona-Krise. Die Dresdner Clubs bangen um ihre Existenz und geben nicht auf.

„Die derzeitige Stimmung ist sehr ungewiss. Keiner weiß, wie lange es dauert und wie lange es wirtschaft­lich geht.“Das sagt Pierre Tannert, einer der Sprecher des Klubnetz Dresden e.V. Diese Interessen­vertretung der Dresdner Clubs und Livemusik-Spielstätt­en hat sich erst im Januar gegründet und erlebt ungewollt schon den Stresstest. 13 Clubs haben sich unter dieser Marke zusammenge­tan, darunter Techno-Clubs wie Sektor Evolution und objekt klein a, aber auch alteingese­ssene Läden wie Scheune, Beatpol, Ostpol, GrooveStat­ion oder Jazzclub Tonne.

Man sei angesichts der Krise zusammenge­rückt, die Solidaritä­t

groß. Tannert: „Dresden ist wohl - im Vergleich zu Leipzig oder Berlin - die einzige Stadt, in der alle gemeinscha­ftlich handeln.“Zumal alle ähnliche Sorgen eint: Arbeitsmar­ktmaßnahme­n wie etwa Kurzarbeit­ergeld greifen nicht. Tannert: „In Clubs arbeiten zu 90 Prozent Selbststän­dige, Minijobber oder Studenten. Man denke an die Menschen an der Bar, die Licht- oder Tontechnik­er. Die müssen alle unterstütz­t werden.“

Umso mehr begrüßt das Netzwerk die Soforthilf­e der Stadt für Künstler und Freischaff­ende

(siehe auch S. 6/7). Tannert: „1 000 Euro Soforthilf­e ist natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber wir sind alle sehr erleichter­t darüber, mit welcher Geschwindi­gkeit das bewilligt wurde.“Hinzu kommen weitere, erfreulich­e Gespräche: GEMA und Versicheru­ngen würden Zahlungen aussetzen, die DREWAG hätte

Abschlagsz­ahlungen gesenkt.

Vorerst müssen alle Clubs bis zum 19. April geschlosse­n bleiben. Tannert denkt, dass bis dahin alle durchhalte­n werden. Aber: „Wir gehen davon aus, dass es dabei nicht bleibt.“Man könne dann nicht einfach gleich wieder 400 Leute in die Clubs lassen. „Ab dann werden wir eingreifen, mit den Mitteln, die wir jetzt über Spendenakt­ionen sammeln.“

Für die werben die Clubs aktuell mit Streaming Sessions. Unter dem Motto „Ihr zu Hause, wir zu Hause“legen DJs

täglich von 20 bis 0 Uhr via

ihre Sets auf. Tannert: „Wir wollen die Leute unterhalun­d sie abhalten, illegale ys zu feiern.“Das Angebot me an, die Abrufzahle­n seien unerwartet hoch.

Daran beteiligen sich auf wesentlich größere Veranstalt­ungshallen wie die Reithalle Straße E. Von dort aus gibt es morgen ab 21 Uhr die Gothic-Heim-Party „Soul(s) in Isolation“. Mitbetreib­er Robert Grund: „Wichtig ist vor allem die Botschaft: Wir sind noch da.“Grund teilt auch den Aufruf der kleineren Clubs, auf die Rückgabe bereits gekaufter Konzertkar­ten zu verzichten: „Das ist für alle Clubs essenziell wichtig.“Man könne die Kartenprei­se spenden oder eben die Nachholter­mine wahrnehmen.

Darum bittet auch Pierre Tannert: „Wir freuen uns über jeden Cent, denn wir wollen keinen Club verlieren.“Hoffnung bestehe bei allen: „Wir wissen, dass es noch eine harte Zeit wird, aber wir sind optimistis­ch, das gemeinsam zu überstehen.“hn

Spenden sind möglich über: www.startnext.com/rettet-die-dresdner-klubs

 ??  ?? Heute Abend wird die Technik in der leeren Reithalle aufgebaut: Ab 21 Uhr heißt es „Soul(s) in Isolation“- zu erleben via Facebook und YouTube.
Streaming ist Überbrücku­ng, aber kein Ersatz für das Party-Erleben: Normalerwe­ise feiern in der Reithalle
bis zu 1 100 Gäste.
Tägliche „Klubnetz Streaming Sessions“: Am Donnerstag legte unter anderem DJ Rebar auf.
Heute Abend wird die Technik in der leeren Reithalle aufgebaut: Ab 21 Uhr heißt es „Soul(s) in Isolation“- zu erleben via Facebook und YouTube. Streaming ist Überbrücku­ng, aber kein Ersatz für das Party-Erleben: Normalerwe­ise feiern in der Reithalle bis zu 1 100 Gäste. Tägliche „Klubnetz Streaming Sessions“: Am Donnerstag legte unter anderem DJ Rebar auf.

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