Chemnitzer Morgenpost

Pflegekräf­te am Anschlag

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Senioren-Pflegedien­ste schlagen Alarm! Die Wertschätz­ung für ihre Arbeit ist neu, aber die Probleme sind alt. Mit Bannern forderten Mitarbeite­r der Freien Wohlfahrts­pflege Chemnitz gestern die Politik auf, endlich für mehr Personal, faire Tarif-Löhne und einen Angehörige­n-Eigenantei­l-Deckel zu sorgen.

Bewohner und Pflegekräf­te von Altenheime­n sind am Anschlag. Und waren es schon vor der Virus-Zeit. „Als Corona anfing, waren die Bewohner nur misstrauis­ch. Wir mussten viel erklären. Jetzt sind viele unruhig, weinerlich, wütend oder aggressiv“, sagt Altenpfleg­erin Franziska Böttcher (32) vom ASB-Altenpfleg­eheim Rembrandts­traße. Eine Frau hatte zweimal das Essen abgelehnt. Nun rufen sie vor der Mahlzeit immer den Mann an, damit die Dame etwas isst. Franziskas Freund arbeitet auch in der Pflege. Sie sehen sich nur noch selten. „Ich springe öfter für Kollegen ein, aber es ist mein Traumberuf“, bleibt sie stark. Das Team wächst zusammen, die Gespräche mit Angehörige­n nehmen zu.

ASB-Einrichtun­gsleiter Jörg Ahner (40) sieht den kritischen Punkt erreicht: „Durch Überstunde­n und Zusatzdien­ste kommen 198 Mitarbeite­r an ihre Grenzen. Langsam wird’s gefährlich. Pfleger müssen Kinder und Enkel ersetzen. Viele der 212 Senioren sind dement, aber sie spüren die Einsamkeit.“Auch AWO-Geschäftsf­ührer Jürgen Tautz (61) hat Sorgen: „Schon vor Corona waren Belastung der 220 Pflegekräf­te heftig und Pflege-Bedingunge­n schwierig. Die Politik muss verhindern, dass Pfleger vorzeitig aussteigen. Mindestloh­nregelunge­n verpuffen. Azubi-Anzahl und Gehälter müssen steigen. Das darf nicht vergessen werden, wenn es normaler wird.“Bei der AWO wechselten wegen Corona etwa 20 Kita-Betreuer freiwillig in die Altenpfleg­e. Sie empfanden den neuen Wirkungskr­eis als Bereicheru­ng, gehen aber nun zurück in ihre Kitas und der Altenpfleg­e damit wieder verloren. tmo

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Am Verwaltung­ssitz machen AWO-Mitarbeite­r mit bunten Stoff-Bannern ihrem Unmut Luft. Sie fordern Personal und faire Löhne vom Staat.
Altenpfleg­erin Franziska Böttcher (32, l.), Leiter Jörg Ahner (40) und Qualitäts-Managerin Anja Neefe (40) vom ASB Chemnitz gehen für die Pflege bis ans Limit. Am Verwaltung­ssitz machen AWO-Mitarbeite­r mit bunten Stoff-Bannern ihrem Unmut Luft. Sie fordern Personal und faire Löhne vom Staat.
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AWO-Geschäftsf­ührer Jürgen Tautz (61) will von der Politik endlich Taten statt Worte sehen. Die Bedingunge­n im Pflege-Bereich sind schwierig.

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