Amtsarzt jagt Corona-Phantom
Eine Sache kann man Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (45, CDU) nicht vorwerfen: Feigheit. Wo immer es im Freistaat brodelt, er fährt hin und versucht, die Wogen zu glätten. Mit seiner Mischung aus ruhiger Sachlichkeit, aber auch deutlichen Worten, nimmt er so manchem Wüterich den Wind aus den Segeln. G rundsätzlich ist Reden auch immer dem Gebrüll vorzuziehen. Dass er sich am Pirnaer Dialogspaziergang beteiligte, dort auch Verschwörungstheoretikern die Stirn bot, war nicht die schlechteste Idee. A nders sieht die Sache jedoch im Großen Garten aus: Hier hatte niemand zum Dialog geladen, sondern sich Neonazis, Verschwörungstheoretiker und Rechtsradikale versammelt. Gruppierungen mit keinerlei Interesse an sachlicher Diskussion, dafür umso mehr daran, Verunsicherung zu verbreiten. Die Maßnahmen gegen die Pandemie sind nur Vorwand dafür. S icher wird hier auch der ein oder andere tatsächlich besorgte Bürger dabei gewesen sein, genauso sicher muss man auch diese Menschen ernst nehmen. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich trotz aller Lautstärke um eine verschwindend geringe Minderheit handelt: Laut ZDF-Politbarometer lehnen 81 Prozent die Anti-Corona-Demos ab. D er Ministerpräsident räumt hier radikalen Aktivisten eine Rolle ein, die ihnen weder zahlenmäßig noch inhaltlich zusteht. Diese werden dadurch in ihrer Fantasie, das gesamte Volk zu vertreten, nur gestärkt, der Rest der Bürger noch mehr verunsichert. Gerade in Krisenzeiten kein ungefährlicher Weg. Bericht Seiten 10/11