Chemnitzer Morgenpost

„Ich bin ständig auf Achse“

Wenn Arbeiten verboten ist

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PIRNA/DRESDEN - Der Handball hat das Leben von Dusan Milicevic (40) bestimmt. Er ist serbischer Ex-Nationalsp­ieler, Ex-Spieler und Trainer der SG Pirna Heidenau (Mitteldeut­sche Oberliga) sowie Sportlehre­r in Dresden und Bautzen.

„Zum Glück können die Kinder in die Schule gehen, damit haben sie etwas Normalität“, sagt Dusan Milicevic.

Der 40 Jahre alte Serbe, in Pozarevac geboren, mit einer Rechtsanwä­ltin verheirate­t und dreifacher Vater, ist Trainer des Handball-Oberligist­en SG Pirna Heidenau. Seit 2. November trainieren seine Schützling­e zu Hause individuel­l mit Trainingsp­länen, die er ihnen erstellt hat. „Ich hoffe sehr, dass es in Kürze möglich sein wird, dass zumindest zwei Spieler zusammen auch mal mit einem Ball trainieren können.“Mitte Dezember soll die Meistersch­aft fortgesetz­t werden. „Sogar vier Tage vor Weihnachte­n gibt es dann noch einen Doppel-Spieltag, weil wir sonst zeitlich nicht mehr hinkommen.“Durch den coronabedi­ngten Abbruch der

Vorsaison gab es keine Absteiger, „dementspre­chend groß ist jetzt das Starterfel­d“. Nach sechs Spieltagen rangiert die SG Pirna Heidenau auf Rang drei im 17er-Feld.

„Die ganze Jammerei bringt nichts. Corona hier, Corona da, wir müssen jetzt durch diese Phase durch“, sagt Milicevic, der als Sportlehre­r an der Dresden Internatio­nal School sowie an einer Schule in Bautzen arbeitet. „Der Sportunter­richt läuft unter Berücksich­tigung der Hygienevor­schriften weiter, ich bin

Sachs iten Mal im Lockdow r erste Lockdown in Frühjahr und Sommer strenger war, müssen bis 30. November wieder ganze Branchen ihren Betrieb fast völlig einstellen. Theater, Museen, Konzert- und Eventberei­ch, Klubs und Gastronomi­e sind geschlosse­n, der Amateurspo­rt ist lahmgelegt. Wie meistern diejenigen ihr Leben, die zur Tatenlosig­keit verdonnert sind, was denken sie darüber und wie sichern sie ihr Einkommen? Wir stellen

Betroffene vor. ständig auf Achse.“Seine Frau Ivana hält ihm den Rücken frei, kümmert sich liebevoll um die drei Kinder. „Die Kids können derzeit auch nicht zum Training, da müssen wir improvisie­ren“, sagt der stolze Papa. Djordji spielt Fußball im Nachwuchs beim SC Borea Dresden, Milan kickt beim VfL Pirna-Copitz, und Nesthäkche­n Milica ist Cheerleade­r bei den Arrows in Pirna.

Oma und Opa sehen die Kinder selten. „Wir waren im Sommer zu Hause, obwohl es eine kritische Zeit war. Aber wir mussten die Eltern in Serbien besuchen, die sehr lange allein waren, unter anderem sechs Wochen Ausgangssp­erre hatten“, berichtet Milicevic. „Es war sicher nicht der typische Urlaub, aber es war eine sehr schöne Zeit mit der gesamten Familie.“

Nach Deutschlan­d kam Dusan Milicevic zum ersten Mal 2007, spielte damals für den HC Empor Rostock in der zweiten Liga. „Danach war ich beim dänischen Erstligist­en in Kopenhagen aktiv und noch ein Jahr in Skopje, bevor ich 2011 nach Pirna kam. Wir spielten damals in der dritten Bundesliga Ost“, berichtet der Ex-Auswahlspi­eler, der mit 22 sein Debüt in der serbischen Nationalma­nnschaft feierte. „Zuvor war ich Turner, habe es bis zum jugoslawis­chen Nachwuchsm­eister geschafft. Erst mit 16 bin ich zum Handball.“Er gewann dreimal das Double mit einem Verein, spielte auch für Partizan Belgrad. „In Dresden wird man sich vor allem an die Fußball-Europapoka­lspiele gegen Partizan und Roter Stern Belgrad erinnern. Das waren heiße Duelle.“

Die Rückkehr in die dritte Liga ist für Dusan Milicevic immer Thema, „daran ändert auch Corona nichts. Die anderen Vereine haben auch diese Probleme“. Dafür die notwendige­n Rahmenbedi­ngungen zu schaffen, wird auch in Pirna schwierig, zumal die Zuschauer-Einnahmen in den vergangene­n Wochen schon in den Keller gewandert waren. Zuletzt durften noch 100 Leute in die „Hölle Ost“auf dem Pirnaer Sonnenstei­n, dazu zählten allerdings auch Spieler, Schiedsric­hter, Funktionär­e oder Sponsoren. „Mein Traum ist es, mit Tausenden Menschen auf dem Marktplatz in Pirna den Aufstieg zu feiern und mit ihnen zu tanzen. Den Traum kann mir keiner nehmen“, sagt Milicevic. „Ich bin Serbe, wir stehen immer wieder auf und kämpfen weiter.“

Jürgen Schwarz

 ??  ?? Dusan Milicevic mit Ehefrau Ivana, den Söhnen Milan (links) und Djordji (rechts) sowie Töchterche­n Milica bei deren Schuleinfü­hrung im September.
Dusan Milicevic mit Ehefrau Ivana, den Söhnen Milan (links) und Djordji (rechts) sowie Töchterche­n Milica bei deren Schuleinfü­hrung im September.
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Dusan Milicevic als Spieler im März 2012 bei der Begegnung Pirna gegen Aue.

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