Wie man trotzdem singt
DRESDEN - In der Corona-Pandemie liegt alle Kunst am Boden, Chöre sind besonders hart betroffen - ist gemeinsames Singen doch unausweichlich mit dem Ausstoß von Aerosolen verbunden. Einmal mehr kann das Internet vorübergehend Abhilfe schaffen. Der „Bürgerchor am Kulti“der Dresdner Philharmonie wird am Montag erstmals online proben. Zum Mitsingen ist jeder eingeladen. Motto: „sing@home“.
Das Angebot ist über den YouTube-Kanal der Philharmonie oder deren Homepage zu erreichen. Jeder kann sich ohne vorherige Anmeldung zuschalten und auf dem Sofa mitsingen. Gunter Berger (58), Chordirektor der Philharmonie, wird mit Klavierbegleitung die Probe live von der Bühne des Kulturpalastes aus leiten.
Auch er ist im Lockdown zur Untätigkeit verurteilt. „Eine surreale Geschichte“, sagt Berger zum derzeitigen Zustand. Man mache doch Chormusik, um Menschen zusammenzubringen. Dieses gemeinschaftsstiftende Element, das er stets hervorhebt, fehle in der Krise absolut: „Was Chormusik leisten kann, tritt besonders hervor, wenn sie nicht stattfinden kann.“
Was auch auf Bergers Arbeit mit dem Philharmonischen Chor und dem Kinderchor zutrifft. Gemeinsam hören, gemeinsam atmen: Wie Musiker eines Orchesters seien auch Chorsänger aufeinander angewiesen, um ihren Klang zu halten. Bis Oktober konnte man im Kulturpalast in Kleinstgruppen arbeiten, seitdem ruhen die Proben. Wird Aufbauarbeit nötig sein, um die frühere Qualität wieder zu erreichen? „Die Sorge ist berechtigt“, sagt Berger. „Wenn wieder Proben in Präsenz möglich sind, müssen wir ab einem gewissen Niveau wieder neu anfangen.“
Auch der Bürgerchor unterlag der Schließung. Mit Video-Meetings hielt man den Kontakt, hatte sich für ein Adventssingen zusammengeschaltet. Berger: „Jetzt freuen wir uns auf das Treffen am Montag, auch wenn es einseitig wird.“Denn Chormusik funktioniere vor allem mit Menschen, die man auch sieht. Die virtuelle Probe via YouTube sieht er daher vor allem als einen Versuch: „Musikalisch wird es sicher nicht sehr ergiebig, aber es geht vorrangig um die Gemeinschaft.“
Die Noten werden in den nächsten Tagen auf der PhilharmonieHomepage als PDF-Download sowie direkt im Livestream eingeblendet. „Inhaltlich wollen wir das Frühlingserwachen feiern“, sagt Berger. Fröhliche Weisen wie „Es tönen die Lieder“oder „Der Winter ist vergangen“sind vorgesehen.
Die Hoffnung des Chorleiters: „Dass möglichst viele mitmachen und an diesem Abend eine Stunde Freude haben.“Letztlich sehnt sich Berger aber wieder nach richtigen Proben: „Wenn sich der Wiedereinstieg abzeichnet, gehen wir mit dem Bürgerchor klingend in den Sommer rein.“
Der Livestream „sing@home“startet am1.Märzum19Uhr. hn