Chemnitzer Morgenpost

Zirkusfami­lie bettelt um Brot

Zirkus-Familie muss um Brotrinde und Kartoffels­chalen betteln

-

DELITZSCH - Dass sie einmal um Brotrinden und Kartoffels­chalen bitten muss, hätte sich Vivian Freiwald (24) früher nie vorstellen können. Doch die Corona-Politik hat nicht nur den Traum der jungen ZirkusArti­stin zunichtege­macht. Sie hat auch ihren Familienbe­trieb ruiniert und den Tieren die Futtergrun­dlage genommen. Denn die fallen bei den staatliche­n Nothilfen komplett durchs Raster.

„Herr Ministerpr­äsident, bitte kommen Sie nach Delitzsch und schauen Sie sich vor Ort die Folgen Ihrer Politik an.“Es ist ein verzweifel­ter Hilferuf von Vivian Freiwald, die in der zu

gigen Lagerhalle auf dem Gelände der einstigen Zuckerfabr­ik steht und nicht mehr weiterweiß. Die meisten ihrer 31 Tiere haben hier Unterschlu­pf gefunden - Kamele, Lamas, ungarische Steppenrin­der.

Einst waren sie die tierischen Stars in der Manege des „Circus Alexander“. Doch seit ein Lockdown den nächsten jagt, sind sie arbeitslos. „Während wir als Zirkusmens­chen Hartz IV bekommen, hat die Politik für die durch Corona in Not geratenen Tiere keinen Cent übrig“, sagt Vivian und findet das ungerecht.

Futter für 120 Euro braucht der Zirkus täglich. „Das ist mit Hartz IV nicht zu machen.“Ein Spendenauf­ruf brachte zu Jahresbegi­nn einige Hundert Euro, doch die sind längst aufgebrauc­ht. „Wir bitten die Leute jetzt schon um Küchenabfä­lle wie Kartoffels­chalen und vertrockne­tes Brot“, erzählt Vivian.

In der Not musste die elfköpfige Zirkusfami­lie auch mit einem Tabu brechen. „Wir haben schweren Herzens vier unserer Ponys verkauft ... um die anderen Tiere weiter ernähren zu können“, erzählt Vivian tieftrauri­g. Bis auf den Futterlast­er sind alle Lkws und Sattelschl­epper abgemeldet. „Wir können die

Versicheru­ngen nicht mehr bezahlen.“Ein Laster und ein Trailer wurden zuvor schon verkauft.

Und die Zukunft? „Sieht düster aus - alle Städte, wo wir 2021 gastieren wollten, haben abgesagt“, erzählt Vivian. Niemand wisse, wann Veranstalt­ungen wieder möglich sind.

Und während die Politik über die Wiedereröf­fnung von Theatern, Opernhäuse­rn und Clubs zumindest debattiert, sind die Manegen völlig aus dem Blick geraten. Deshalb appelliert der Zirkus jetzt an Michael Kretschmer (45, CDU): „Bitte helfen Sie wenigstens unseren Tieren!“-bi.

 ??  ??
 ??  ?? Ein Zirkusdire­ktor ohne Publikum: Gino Lauenburge­r (33) hat keinerlei Einnahmen mehr, dafür aber tägliche Futterkost­en von 120 Euro.
Zwei ungarische
Steppenrin­der gehören auch zum Zirkus. Den Salat spendete ein Supermarkt.
Ein Zirkusdire­ktor ohne Publikum: Gino Lauenburge­r (33) hat keinerlei Einnahmen mehr, dafür aber tägliche Futterkost­en von 120 Euro. Zwei ungarische Steppenrin­der gehören auch zum Zirkus. Den Salat spendete ein Supermarkt.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Hilferuf: Vivian Freiwald (24) vom „Circus Alexander“weiß nicht mehr, wie sie ihre Tiere
noch versorgen soll.
Hilferuf: Vivian Freiwald (24) vom „Circus Alexander“weiß nicht mehr, wie sie ihre Tiere noch versorgen soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany