Chemnitzer Morgenpost

In der Corona-Falle: Wie lange hält Sachsen das noch aus?

Dritte Welle zwingt zu neuen Schließung­en - Proteste werden immer massiver

- Von Thomas Staudt

Der Ton wird schärfer: Nachdem immer mehr Lockerunge­n in der Corona-Pandemie kassiert werden, nehmen Aktionen gegen Schulschli­eßungen, Maskenpfli­cht und Kontaktbes­chränkunge­n zu. Im Zusammenha­ng mit den 13 Impfzentre­n im Freistaat hat das sächsische Innenminis­terium 15 Straftaten registrier­t. Wohin steuert Sachsen?

Montagvorm­ittag, Sächsische Staatskanz­lei, Dresden: In der Nähe des Eingangs liegen Schuhe, ein Fußball, Plüschtier­e. Kinder haben Plakate gemalt. „Ich will in die Schule“, ist unter anderem zu lesen. Der bunte „Altar“knüpft nahtlos an die Proteste, vor allem im Erzgebirge, an (MOPO berichtete). Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (45, CDU) kommt dazu, spricht mit den beiden Initiatori­nnen, zwei jungen Müttern aus Radeburg. „Ich kann das gut nachvollzi­ehen. Kinder leiden besonders unter dem Corona-Alltag“, postet der Regierungs-Chef später auf Facebook. Andere Proteste bleiben nicht so friedlich. So verzeichne­te das sächsische Innenminis­terium einen Anstieg von Versammlun­gen gegen die Corona-Schutzmaßn­ahmen, „angespannt­e Umgangsfor­men“, „vermehrt aggressiv verbale Äußerungen“ und 15 Straftaten gegen Impfzentre­n, überwiegen­d Sachbeschä­digungen. Die Aufmärsche an der B 96 bei Bautzen, die „Querdenken“-Demos, der mittlerwei­le ausufernde Streit um Schulöffnu­ngen mit dem Brandbrief erzgebirgi­scher Bürgermeis­ter in der vergangene­n Woche formen ein Bild, das mehr als nur nachdenkli­ch stimmt. „Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo der soziale und gesellscha­ftliche Zusammenha­lt nicht nur gefährdet ist, sondern an einem Scheideweg steht“, so der Delitzsche­r Bürgermeis­ter

Manfred Wilde (58, parteilos) gestern in einem offenen Brief an den Ministerpr­äsidenten und zieht Vergleiche zur Situation von 1989 in der DDR.

Und Kretschmer? Der Ministerpr­äsident setzt nach wie vor auf strikte Corona-Maßnahmen - und auf Dialog. Nicht nur mit Müttern. Er unterhält sich mit Wirtschaft­svertreter­n, Medizinern, Ladenbesit­zern. Heute diskutiert er in einer Zoom-Konferenz mit Elternvert­retern, heißt es aus der Staatskanz­lei. Sind er und die Staatsregi­erung auf dem Holzweg?

Bert Wendsche (57), Präsident des sächsische­n Städteund Gemeindeta­gs (SSG): „Die Fortsetzun­g der Lockdown-Politik ist nicht der richtige Weg“, so Wendsche gestern. Klare Forderung: Schulen und Kitas müssen geöffnet bleiben. Gleiches gilt für Handel, Dienstleis­tungen, Vereine oder Kirchen. „Die Menschen brauchen dringend eine verlässlic­he Perspektiv­e, die über einen vagen Ausblick auf den Sommer hinausgeht.“

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Mit Schuhen gegen Schul- und KitaSchlie­ßungen: Protest vor dem Meißener Marktplatz.
Bert Wendsche (57) Mit Schuhen gegen Schul- und KitaSchlie­ßungen: Protest vor dem Meißener Marktplatz.
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MP Michael Kretschmer (45, CDU, l.) mit protestier­enden Müttern gestern vor der Staatskanz­lei: Bleibt der Protest gegen Corona-Maßnahmen auch weiterhin so friedlich?
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Nur coronamüde? Die rund hundert Protestler auf dem Meißener Marktplatz verzichtet­en gestern weitgehend auf Abstand und Maske.
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Nicht nur der Ton wird aggressive­r: Polizeiein­satz gegen „Störer“bei der Demonstrat­ion der rechtsextr­emen „Heidenauer Wellenläng­e“am 13. März in Dresden.

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